Gummiparagraph dank Bürokraten-Ping-Pong
Donnerstag 25.11.2010, 06:10 · von FOCUS-Online-Redakteur Gerd Stegmaier
Die Novellierung der StvO klärt nicht, was Winterreifen sind
Der Bundesverkehrsminister will „pünktlich zum Winterbeginn mehr Verkehrs- und Rechtssicherheit“. Aber auch nach der Präzisierung bleibt die Regelung Reifen-Regel wirkungslos. Was Autofahrer wissen müssen.
Alle Jahre wieder fällt Schnee auf die Erde nieder. Und jedes Jahr aufs Neue fragt sich der Autofahrer: Winterreifen, Allwetterreifen, Sommerreifen und Ketten, Auto stehen lassen wenn’s glatt ist? Der Gesetzgeber speist Zweifelnde seit Mai 2006 mit Plattheiten ab: „Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.“ (§2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung (StvO).
Bereits im Juli 2010 hatte auch das Oberlandesgerichts Oldenburg diesen Verordnungstext als zu unbestimmt und für unwirksam erklärt. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) musste daher die StvO in diesem Punkt präzisieren. Für die Wetterverhältnisse kann man das als gelungen bezeichnen: Von „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“ ist in der überarbeiteten Version die Rede.
Knackpunkt Reifendefinition
Eine Definition, was die geeignete Bereifung sein soll, fehlt aber auch in der neuen Regelung. Mehr noch: In der landläufig als Winterreifenpflicht bezeichneten Passage taucht ein Begriff gar nicht auf: der des Winterreifens. Hintergrund: Was Reifen bei winterlichen Straßenbedingungen können sollen, soll die EU definieren. Hat sie aber bislang nicht. Dennoch verweist die geplante Novellierung der StvO auf die EU-Richtlinie 92/93/EWG.
Dort findet sich auf 91 Seiten genau ein Absatz, der M + S-Reifen beschreibt. M + S steht für Matsch und Schnee, ist aber keine geschützte Bezeichnung. Sie wird daher beispielsweise gerne auch für Billig-Sommerreifen aus Fernost verwendet. Die Verordnung beschreibt aber nur schwammig: „Das Profil der Lauffläche der M + S-Reifen ist im Allgemeinen durch größere Profilrillen und/oder Stollen gekennzeichnet, die voneinander durch größere Zwischenräume getrennt sind, als dies bei normalen Reifen der Fall ist“.
Das ist umso erstaunlicher, als in derselben Richtlinie über Seiten definiert wird, wie hoch die Aufschrift M + S und andere Kennzeichnungen auf der Reifenflanke sein dürfen und müssen. Von Mindestanforderungen für Bremswege auf Schnee, Eis oder Matsch etwa ist aber nicht die Rede, nicht einmal wie viel kürzere Haltewege auf solchen Untergründen relational zu Sommerreifen sein müssen. M + S-Reifen sollen einfach nur bessere Fahreigenschaften auf Schnee etc. haben als „normale“ Reifen.
Solche Sätze sind mindestens so „unbestimmt“ wie die „geeignete Bereifung“ der alten Regelung. Dementsprechend ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Gericht findet, das auch die Novellierung für unwirksam erklärt.
Lieber Schneeflockensymbol als M + S
Dabei gäbe es selbst für den Übergang eine bessere Kennzeichnung. Das Schneeflockensymbol, ebenfalls auf vielen Reifen hierzulande zu finden, vergibt die amerikanische Straßenbehörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Association) seit etlichen Jahren. Und zwar an Reifen, die in einem Test eine gewisse Mindesttraktion auf Schnee und Eis erreichen und dabei um ein bestimmtes Maß besser sind als Sommerreifen.
Klare Ansagen gibt es vom Ministerium nur bei drohenden Strafen. Denn wer bei den in der Novellierung genannten Straßenverhältnissen mit Reifen unterwegs ist, die die wachsweichen Beschreibung der EU-Richtlinie nicht erfüllen, muss nach dem Willen Ramsauers künftig mit 40 Euro doppelt so viel Bußgeld zahlen wie bisher. Bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer sollen sogar 80 Euro fällig werden, bisher sind es 40 Euro. Angesichts der unklaren Reifendefinition dürften die Behörden die Erteilung solcher Bescheide aber nicht gerade forcieren. Für flächendeckende Kontrollen fehlt der Polizei ohnehin das Personal.
Die Absicht des Ministers, „gefährliche Rutschpartien mit schlimmen Folgen“ zu verhindern, könnte auch ohne die Novellierung erreicht werden – zumindest was Pkw angeht. Denn die Umrüstquote auf Winterreifen liegt laut einer Umfrage in Deutschland ohnehin bei 87%. Für alle, die auch im Winter nie auf ihr Auto verzichten können, sollten weiterhin auf Winterreifen umzurüsten. Welche gut sind, hat der ADAC getestet. Die Ergebnisse finden sich in der Bildergalerie auf dieser und der vorhergehenden Seite.
Parken im Winter auch mit Sommerreifen
Aber immerhin: Wer seinen Wagen bei Schnee und Eis mit Sommerreifen lediglich parkt, müsse keine Konsequenzen befürchten, so Ramsauer am 21. November im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“.
Aber auch wer mit Sommerreifen auf Schneeglätte fährt, muss nicht fürchten, dass die Versicherung eventuell entstehende Schäden nicht bezahlt. „An der Regulierungspraxis wird sich nichts ändern“, verspricht Katrin Rüter vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Nur grobe Fahrlässigkeit ist ein Grund für Haftungsausschluss“, so Rüter. Der Verstoß gegen den Reifenparagrafen allein gilt auch weiterhin nicht als grob fahrlässig.
Lkws werden weiterrutschen
Wenig Fortschritt ist allerdings bei „Rutschpartien“ von Lkws zu erwarten, die beim ersten Wintereinbruch regelmäßig den Verkehrsfluss auf ganzen Autobahnabschnitten zum Erliegen bringen. Auf Anfrage gab ein Münchner Lkw-Reifenhändler zu Protokoll: „Solange die Novelle nichts zwingend definiert, wird der Spediteur nicht auf Winterreifen umrüsten. Aus meiner Sicht ist die Novelle sehr ungenau geregelt.“ Derzeit würden „reine Winterreifen praktisch nicht nachgefragt. Das ist sicher auch eine Kostenfrage bei knapp 3500 Euro Kosten pro Zugmaschine“. Hinzu komme, dass die gesetzlich festgelegten 1,6 Millimeter Profiltiefe aus der Sicht des Reifenmanns zu wenig sind. Eine Mindestprofiltiefe von fünf Millimetern hielte er für angemessen.
Warten auf den nächsten Winter
Unter dem Strich bleibt die Novellierung ohne die Reifendefinition auch weitgehend ohne Folgen. Wenn die EU festgelegt hat, welche Spezifikationen Reifen mit der geforderten M + S-Kennzeichnung haben müssen, fängt die neue Regel an zu greifen – wie Winterreifen auf Schnee. Das Verkehrsministerium muss dann gar nicht mehr aktiv werden, die EU-Bürokraten sind es offenbar schon aufs Heftigste, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums erkennen lässt. Das könne eine Sache weniger Monate sein. Vielleicht wird’s zum Winterbeginn 2011/12 was?
scheppertreiber hat geschrieben:Es geht nicht um eine "klare Regelung", es geht um diese dämliche Gängelei
von oben her für nichts und wieder nichts.
Jeder hier weiß was im Winter funktioniert, wann er fährt oder wann nicht.
Wenn ich Ramsauer nur höre fallen mir sofort Tiernamen mit grauem Fell
und mehreren Hörnern ein (und anderes Geschmeiß).
scheppertreiber hat geschrieben:fallen mir sofort Tiernamen mit grauem Fell
und mehreren Hörnern ein (und anderes Geschmeiß).
rängdäng hat geschrieben:nur ein Gedanke-
Warum braucht -brauchen man-wir überhaupt Streusalz-Taumittel??
Es geht auch ohne und zwar richtig gut.
Andere Länder treten den Beweis an-
und
der letzte Winter hat dies auch in der BRD veranschaulicht.
mz-rotax-rudi hat geschrieben:rängdäng hat geschrieben:nur ein Gedanke-
Warum braucht -brauchen man-wir überhaupt Streusalz-Taumittel??
Es geht auch ohne und zwar richtig gut.
Andere Länder treten den Beweis an-
und
der letzte Winter hat dies auch in der BRD veranschaulicht.
rängdäng hat geschrieben:@ Crazy Cow
schneide aus einem Schlauch einen Stern ,rauh den Reifen auf und nimm Kleber
vom Flickzeugs und vulkanisier Diesen auf.:ja:
*(Vorlagen für Sterne bzw.Eiskristalle gibts doch in dieser Zeit genug.)*
Dann etwas Reifenlack-fertig.
dann brauchste kein Brenneisen
Crazy Cow hat geschrieben:rängdäng hat geschrieben:@ Crazy Cow
schneide aus einem Schlauch einen Stern ,rauh den Reifen auf und nimm Kleber
vom Flickzeugs und vulkanisier Diesen auf.:ja:
*(Vorlagen für Sterne bzw.Eiskristalle gibts doch in dieser Zeit genug.)*
Dann etwas Reifenlack-fertig.
dann brauchste kein Brenneisen
Ist immer die Frage, was für den Einzelnen einfacher ist.
motorang hat geschrieben:Sind ja auch nicht vorgeschrieben![]()
Gryße!
Andreas, der motorang
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