Ein paar Leute wissen ja, dass ich Historiker bin...
dreckbratze hat geschrieben:immerhin gibt es kaum ein land, das seine dunkle vergangenheit so offen aufarbeitet, wie es deutschland tut. darauf kann man stolz sein.
zum auseinandersetzen damit gehören meines erachtens durchaus auch historiensendungen ala knopp, allein dadurch, das sie viele menschen erreichen und den ein oder anderen durch einen gewissen unterhaltungswert dazu bringen, tiefer in die materie einzudringen.
1) Ja, Knopp hat Aufklärungsarbeit geleistet bzw. sehr trockene Geschichte. Dokus gabs schon in den 60er Jahren im Westdeutschen Fernsehen - die führten aber u.a. dazu, dass beim Rundfunk die Telefonanlage zusammengebrochen ist, weil sich soviele drüber beschwert haben. Es gab übrigens (aus heutiger Sicht auch durchaus geschmacklos) eine Fernsehserie (am besten irgendwo zwischen Telenovela und Soap) über eine jüdische und eine deutsche Familie und ihre Schicksale im zweiten Weltkrieg, aber die wurde wirklich nur ein paar Mal ausgestrahlt, namens "Shoah".
2) Einen Kritikpunkt gibt es, da kann Knopp nur mäßig was dafür und zwar die Tatsache, dass an der Thematik immer noch geforscht wird und (aus wissenschaftlicher Sicht) vorallem die frühen Sendungen SEHR schlecht altern.
3) Führermythos. Knopps persönliches Steckenkind, in seiner Darstellung kam alles von oben und entsprechend waren alle unter Hitler bzw. in späteren Staffeln unter der Generalität reine Befehlsempfänger.
4) Ein weiteres Beispiel ist die Glorifizierung von Dönitz als großem Friedensstifter. Nach heutigem (und leider auch damaligen Stand) schlichtweg falsch. Er wollte seine Haut retten und hat sich primär bei den "Amis" angebiedert, weil er Angst vor russischer Vergeltung hatte.
fredde hat geschrieben:Glaubt jemand die Russen hätten Schuldgefühle für die Milionen Menschen, die Stalin auf dem Gewissen hat ?
"Die Russen" gibt es so in dieser Form nicht, das ist so wie "die Deutschen" oder "die Österreicher". Aber: Die Aufarbeitung der Vorfälle wird unter dem Namen "Khrushchev"-Doktrin/-Maßnahmen oder ganz simpel Entstalinisierung zusammengefasst und war ein Eckpunkt der Innenpolitik in den 1950er Jahren in der Sowjetunion.
Zu dem Provokateur im Beiwagen brauche ich nichts sagen, außer dass sowas kein verantwortungsbewusster Umgang mit Geschichte ist. Und nein, ich bin nicht der Ansicht, dass wir (Österreicher wie Deutsche) 1000 Jahre Schuld auf uns geladen haben. Mord verjährt nie, da ist es egal, ob ein Mensch oder Millionen. Und deswegen bin ich der Ansicht, dass auch jeder noch greifbare Mittäter zur Rechenschaft gezogen werden muss. Ich sollte noch hinzufügen, dass das unabhängig von der Herkunft ist, das gilt mMn. für alle Kriegsparteien. (Ich bin mir bewusst, dass das illusorisch ist.)
Meine 0.02 Euro zu dem Thema
Greg