Wie ich lese, sind wir nicht die einzigen, die sich eben auf Elba herumgetrieben haben .
Meine Tochter und ich sind kürzlich von einer fast 2.800 Kilometer langen Reise dahin zurückgekommen. Unsere Victoria KR26 hat sich wacker geschlagen. Für mich waren das die achte und neunte Fahrt über den Gotthard-Pass mit so einer Kiste (und die vierte mit Passagier im Boot). Für die, die's nicht wissen - die Kiste ist 62 Jahre alt, hat offiziell etwa 14 PS und ist piepsklein, wie ihr hier beim Tellsdenkmal in Altdorf seht. Und wir waren meist mit 50 bis 60 km/h unterwegs - die ganze Strecke.
Wir hatten nur viereinhalb Pannen.
- In Voghera ist uns an der extrem verstärkten Kupplung der Zug gerissen. Kein Thema, Ersatz war dabei.
- Die eine Strebe vom Seitenwagen-Kotflügel hat sich erst verbogen und ist dann am Kotflügel und später auch am Boot abvibiert.
- Die Stromversorgung für die linke Tagfahrleuchte wollte zuweilen nicht - was sich meist durch Gezupfe klären ließ, aber am Ende nicht mehr.
- Die Tachonadel ist um 10 Kilometer nach vorne vibriert - die kleine Kiste fühlte sich wohl schneller, als sie war (das war die halbe Panne! ).
- Kurz vor der Abreise rissen uns erst sieben, dann insgesamt 16 und später 17 Speichen am Hinterrad ab. Das war nun weniger witzig.
In den Basler Alpen erwischte uns von jetzt auf gleich ein übler Sturzregen. Ehe wir nur "Blaubeerkuchen" sagen konnten, waren wir nass bis auf die Haut. Die nächste Überraschung wartete am Hauenstein - denn der war ohne Ankündigung oder Umleitung gesperrt. Wir mussten also den ziemlich steilen Aufstieg über Ober-Bölchen wählen (890 m).
Vom Gotthard aus sind wir die Tremola-Schlucht herunter gefahren.
Ceneri, Giovi und Bracco waren kein Thema.
Wie schon im anderen Italien-Fred erwähnt, kannte die Begeisterung der Italiener keine Grenzen . Meine Tochter konnte die Litanei am Ende schon nicht mehr hören. Ach so, wir sprechen beide nahezu muttersprachlich italienisch - das macht vieles leichter.
Elba ist ein Traum für Motorradfahrer.
Ich habe auch alte Bekannte wiedergetroffen, die ich teils sehr viele Jahre nicht mehr gesehen hatte, so meinen Piratenfreund Jochen mit seiner Co-Skipperin und vor der obligatorischen "Bicicletta" (Campari mit Prosecco und Eis).
Wie erwähnt, rissen uns kurz nach der Abfahrt noch mehr Speichen. Da half sich nichts, wir mussten die Reste malerisch und strategisch wie statisch klug zwischen Vorder- und Hinterrad aufteilen. Vier Stunden Arbeit bei Gluthitze ... Beachtet den vorderen Wagenheber in Form einer Wasserpumpenzange !
Völlig klar war, dass wir vor Genua keinen Ersatz finden würden, also sind wie die 320 Kilometer dahin mit 26 statt 36 Speichen im Hinterrad und 27 im Vorderrad hochgebrummt. Mit dem Vorderrad sind wir sogar die ganzen 1.200 km heimgefahren.
Eben wird es wunderlich, und das Wunder muss der heilige Christophorus, der Schutzpatron der Reisenden, bewirkt haben .
Chiara und ich suchen uns in Genua ein billiges Hotel, denn da war's schon spät. So gegen Mitternacht fällt der besten Tochter von allen ein, dass sie ihre Profi-Digicam im Seitenwagen gelassen hat. Ich springe also missmutig in die Hose, laufe die Treppen des Palazzo hinab und zum Moped. Kaum bin ich da, fährt ein Italiener mit seiner Vespa und fünfjährigen Tochter vor [Abwickeln der Litanei + Speichen].
Er denkt nach und spricht dann: "Moment, in der Piazza Palermo gibt's einen alten Raggista [Speichenheimer]. Oder besser, fahr' 'mal morgen da lang zum BMW-Service Panfili, der weiß Rat.". Ich frage mich, wie mir ein BMW-Service helfen soll, danke aber und steige zurück in's Bett.
Wir also morgens die 500 m zu Panfili. Aha, ein Motorrad-Stützpunkt! Schon besser! Wir betreten den Laden und taumeln fast wieder zurück. Alles voll mit Vorkriegs- und Nachkriegs-Raritäten, darunter mehrere BMW mit Kastenrahmen, und die Wände gespickt voll mit Fotos von Panfili mit dem Gespann (Elefantentreffen, Isle of Man, ...).
Der Meister tritt auf die Straße, um das Malheur zu betrachten. Fährt Mario, ein alter Mann, auf der Vespa vor. Spricht Panfili: "Wenn euch einer in Genua helfen kann, dann er.". Mario nimmt zwei Muster und knattert los. Zehn Minuten später ist er mit 16 kadmierten High-End-Speichen wieder da, acht davon im Top-Zustand. Mehr habe er nicht gefunden, bedauert er. Was er denn dafür haben wolle? 10,- Euro. Mit knapper Not konnte ich ihm 20 aufdrängen.
Gruppenfoto, wir bedanken uns, fahren hoch bis kurz vor den Giovi und speichen da neu ein (strategisch klug, nämlich nahe einer Bar!).
Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, dass wir gegessen haben wie Gott in ...Italien, hier bei unserem Freund Maurizio Tosi im "Summertime" in Capoliveri .
Unser Durchschnittsverbrauch lag bei 6,6 Liter (Wasser wie Sprit!), und wir haben einen halben Liter 90er Getriebeöl an Ritzel und Gangschalthebel verloren - kein Wunder bei bis zu 40° C.
Videos haben wir mit iPhone und Actioncam auch gedreht, die Actioncam mit externem Mikro (was klasse klingt). Hier sind die Filme bei Youtube gesammelt. Rund 1.500 Fotos wollen auch noch gesiebt sein.
Beste Grüße, und nächstes Jahr geht es nach Sardinien -
Langer