24. November 2009 01:39
so vergeht Jahr um Jahr...
ich habe es oft bereut, dass als sich von der Freizeit her die Gelegenheit bot das Pink Floyd Konzert in Hockenheim zu besuchen, ich schon Misanthrop genug war, die negativen Aspekte solch schnöder Belustigung ab zu wägen. Nach zwei Stunden Anfahrt einen Stehplatz 2km von der Bühne zu bekommen und nach vollzogener Konsumption mich mit der Büffelherde durch die Nadelöre überregionaler Belustigung nach Hause zu quälen.
Sie waren mit 60 eigentlich zu jung auf zu hören, ich kam leider nicht auf die Idee, dass sie sich zerstreiten könnten.
Hab nun schon einige Male erwähnt, dass ich gerne durch das "Du Schlauch" Werkzeug mich in den musikalischen Leidenschaften meiner Jugend schlürfend ertappte. Von Eric Burdon bis Led Zeppelin, bei John Mayall und Rory Gallagher. Aber auch bei Werner Lämmerhirt, Peter Finger, Siegfried Schwab u. Peter Horton.
Ich muss nicht erwähnen, dass ich natürlich auch bei Hannes Wader gestöbert habe.
Vor 30 Jahren habe ich ihn zuletzt Life gesehen, er stand damals schon ausserhalb jeder Kritik, was sein musikalisches Können betraf. Nur die Presse und die Sendeanstalten mieden ihn wegen seines politischen Engagements, so dass man seine neuen Veröffentlichungen nicht in den Auslagen fand und ich verlor sie aus den Augen.
Ich habe nun durch die Vorzüge des Internets einige Dutzend Titel der letzten 30 Jahre zusammengekauft und meine Frau überredet, trotz der Gefahren von Viren und Schweinegrippe mit mir sein Konzert in Mainz zu besuchen. Obwohl wir in eben diesen 30Jahren gerade mal für die Newbiekonzerte der Musikhochschule einen gemeinsamen geschmacklichen Nenner gefunden haben.
(Bis auf die italienische Oper jetz ma.)
Mainz ist eine schöne Stadt, die Altstadt jedenfalls. Denkt man sonst gar nicht und der etwas versteckelte Frankfurter Hof eine tolle Lokalität mit einer sehr guten Akustik. Interessant das Publikum, "da fühlt man sich doch gleich wieder richtig jung", witzelte meine Frau. Immerhin etwa 20 Jugendliche bis 25, der Rest deutlich über Fuffzig, so um die fünfhundert an der Zahl. Ausverkauft.
Zunächst war ich erfreut, dass er nicht so alt aussieht, wie auf seinen Pressefotos. Von seinen 67 Lenzen trägt er höchstens 58 zur Schau. Ok, zwischen den Zähnen zischt es schon etwas.
Über das Konzert selbst will ich nicht viel sagen. Nur dass die Lieder, die auf keiner CD zu finden sind, gleich zu Anfang geboten wurden. Die einem schon gefallen, wenn man sie das erste Mal hört und deren Melodie man dann doch nicht behalten kann; französische Chansons passend zum Timbre seiner gereiften Stimme. Die hatte mich eigentlich interessiert. Geübte Conference mit Witzchen über sein Alter und das seines Publikums zwischen den Darbietungen beim Umstimmen der Guitarren. Derer drei hatte er dabei, zwei hatten sogar einen eigenen Stuhl, Wader nicht. Nicht einmal ein Glas Wasser. Man merkte bald, dass er schon so lang tingelt und die Übung behalten hat. Tatsächlich musste er sich auch nur warm singen. Auf halber Höhe der Veranstaltung war er schon bei seinem "friedensbewegten" Stammpublikum mit einer hellen durchdringenden Stimme, die man von ihm kennt und einem Guitarrenspiel um das andere Musiker ihn beneiden. Die Hälfte seiner Darbietungen war auch an dem Abend geprägt von Interpretationen berühmter Kollegen, wie auch seine Lieder in der internationalen Folkwelt bekannt sind für die aussergewöhnliche Harmonie von Vers und Melodie in (trotz) deutscher Sprache. Den Zuhörern ging es bald durch und durch, denn dafür waren sie wohl gekommen und:
es hat sich niemand zu husten getraut. Wirklich wahr.
Nach drei Zugaben bedankte sich ein altes Zirkuspferd verneigend bei seinem Publikum und jenes bei ihm mit stehendem Applaus. Eine Szene wie aus dem Musik-Geschichtsbuch.
...und es ist mir längst klar, dass nichts bleibt, dass nichts bleibt wie es wahr.
Aber eine ehrliche Haut ist eben doch eine ehrliche Haut geblieben, fein fein. Freue mich sehr, dass ich dort war, ab einer bestimmten Grösse kommt unsere Home-Entertainment-Technik einfach nicht mehr mit.
(You Tube schon gar nicht.)
Gruss, Olaf
es ist an der Zeit