von Crazy Cow » 7. März 2015 00:15
Soweit zur Theorie und zum techn. Versorgungsstand des Jahres 2015.
Deine Ausführungen sind ja soweit richtig, Walter, nur der Laie könnte beim Lesen den Eindruck gewinnen, dass sich die Federlast immer gleichmäßig auf den "weichen" (den langen) und den "harten" (den kurzen) Teil der Wicklung verteilt und das "auf Block gehen" die Ausnahme sei.
Das Gegenteil ist natürlich der Fall und ich überlege, wie ich das schreibe, ohne dass unser Diskurs zur Lektüre für Ingenieure und Meisterschüler abdriftet.
1. Ein kurzer Federdraht federt "härter" als ein langer gleicher Stärke.
2. Bei einer progressiv gewickelten Feder ist der Wicklungsabstand (z.B. 4mm) im "weichen" Teil deutlich geringer als im "harten" (z.B. 15mm)
3. Solange der Draht im eng gwickelten Teil sich bewegen kann, nicht auf Block geht, wirkt die Feder in der ganzen Länge des Federdrahtes und zwar völlig unabhängig davon, wie groß der Wicklungsabstand wirklich ist.
4. Erst wenn ein Teil der Windungen aufeinander liegt, auf Block geht, entwickelt die Feder die (harten) Eigenschaften, die einer Feder mit kurzem Draht zu eigen sind.
5. Das auf Block gehen der progressiven Feder ist also voll beabsichtigt und vollzieht sich meist nach einem Viertel bis einem Drittel des möglichen Federwegs.
Wir haben nun leider Menns Feder nicht vor uns liegen, aber gehen wir mal davon aus , dass sie einen Arbeitsweg von 95mm (5x4 + 5x15) hat und damit gut zu einem Dämpfer mit 80mm Hub passt. Dann wird bei einer statischen Vorspannung durch 20mm Überlänge der Feder und gleichmäßiger Verteilung der Biegung der eng gewickelte Teil durch bloßes Zusammenbauen bereits zur Hälfte verbraucht. Für die andere Hälfte genügt ein Vorspannen der Federverstellung um weitere 20mm. Was der Anwender nicht sieht ist, dass sich die Feder dabei von ihrer ursprünglichen Gesamtlänge von 220mm auf inzwischen 180mm verkürzt hat. Natürlich hat sich die Last dabei auf alle Windungen gleichmäßig verteilt, aber der enger gewickelte Teil der progressiven Wicklung ist jetzt weg, nicht mehr aktivierbar und das Motorrad ist noch nicht einmal vom Haken gelassen. Schon die bloße Vorderradlast wirkt allein auf den "härteren" Teil.
Ich habe wirklich gerade bei der Güllepumpe viel mit Federn experimentiert. Federüberlängen von 20mm sind bei EML und Koni nicht ungewöhnlich, leider auch bei Side-Bike nicht.
Was soll der arme Laie denn tun? Er kennt die Längen seiner Federn nicht, hörte vor 20Jahren, dass progressive Federn besser und dass im Zweifel lieber härter Federn zu fahren seien.
Ich fasse das noch einmal zusammen und hoffe auf Bestätigung: wenn der eng gewickelte Teil einer progressiven Feder auf Block gegangen ist, ist diese härter als eine linear gewickelte Feder gleicher Länge und Materialstärke. Der Sinn der progressiven Feder ist, dass sie im Betriebszustand (während der Fahrt) noch alle Merkmale der gesamten Drahtlänge aufweist. Schon bloßes Vorspannen der Feder wirkt diesem Ideal gegenüber kontraproduktiv.
edit: ich bitte die Formulierungen "weicher Teil" und "härterer Teil" zu entschuldigen. Sie sind bewusst laienhaft und physikalisch nicht richtig, denn beide Teile sind vor der Inbetriebnahme gleich hart. Aber es versinnbildlicht imho ganz gut die Funktion einer progressiven Feder.