Und wenn man schon hier lebt und arbeitet, dann bietet es sich natuerlich an, nach einem Stueck sowjetischen Alteisens Ausschau zu halten.
Genau das habe ich auch gemacht und mir im Sommer 2009 eine KMS MB750 zugelegt. Alter: unbekannt. Vorheriger Verwendungszweck: unbekannt. Kilometerleistung: unbekannt. Fahrgestellnummer: gibt es nicht. Motornummer: nachtraeglich eingeschlagen.
Die einzig bekannten Fakten:
Zumindest der Seitenwagenrahmen scheint tatsaechlicher zu einem alten Militaermotorrad zu gehoeren, da er ueber eine Verstaerkungsstrebe verfuegt, die in Zivilmotorraedern nicht verbaut wurde.
Der SV Motor stammt aus der zweiten Serie mit der erhoehten Leistung von 26 PS.
Der hintere Kotfluegel stammt aus der ersten Serie, da er noch hochklappbar ist.
Die Elektrik wurde im typischen Sowjetstil auf 12V umgeprutscht, indem man eine Saporosch LiMa eingebaut hat (und dabei leider die Halterung fuer die original LiMa weggeflext hat). Leider hat man nicht die auch in der Sowjetunion bekannte Variante gewaehlt, die Original-LiMa beim Ankerwickler umwickeln zu lassen.
Auf meinen ausdruecklichen Wunsch bekam das Gespann ein Getriebe mit Rueckwaertsgang (Ural?), das Seitenwagenrad wird permanent angetrieben, allerdings ohne Differential (Endantrieb ebenfalls Ural?).
Urspruenglich hatte das Motorrad Ural Armaturen und Scheinwerfer, inzwischen habe ich aus Deutschland ein Orignalscheinwerfergehaeuse, einen 12V Scheinwerfereinsatz mit E-Pruefzeichen, Blinker mit E-Pruefzeichen und ein chinesisches Zuendschloss mit gebracht (Gelumpe, das Zuendschloss

Rein optisch ein sehr ansprechendes Gespann, aber mit noch vielen kleinen und groesseren Macken.
Die komplette Verkabelung ist von der Firma "Huddel & Murcks", die ganz offensichtlich auch in der Sowjetunion eine Niederlassung hatte.
Die Saporosch LiMa ist verschraubt und verklebt, die urspruengliche Justiermoeglichkeit der LiMa damit nicht mehr gegeben - die Geraeuschkulisse, die dadurch entsteht, ist atemberaubend (und gehoerschaedigend). Eine Rueckruestung auf eine umgewickelte Original LiMa ist auch nicht mehr moeglich, da zum einen die Halterung fuer die LiMa weggeflext wurde und zum anderen die leicht ovale Aufnahme der LiMa rundgedreht wurde.
Das Zuendschloss arbeitet nach dem Zufallsprinzip, zum Glueck habe ich schon ein neues, diesmal ein deutsches Produkt aus dem Oldtimerzubehoer, hier liegen.
Zum Glueck habe ich einen wirklich kundigen Mechaniker gefunden. Kako, so sein Name, ist schaetzungsweise 70 Jahre alt und hat frueher - zu Sowjetzeiten - russische Autos und Motorraeder fuer das Innenministerium repariert. Es ist jedesmal verblueffend, wie er jede Schraube und jeden Bolzen meines Gespanns mit Namen begruesst, wenn ich mal wieder bei ihm bin.
Naechsten Winter bekommt er das Gespann mal fuer etwas laengere Zeit. Dann wird der Motor generalueberholt - naja, im Grunde wohl eher ausgetauscht.
Neues Motorgehaeuse mit Aufnahme fuer die Original LiMa (neu ist natuerlich uebertrieben - neu gibt es hier nicht). Original LiMa umgewickelt auf 12V, und alles eben, was auch nur ansatzweise vergammelt aussieht, wird ersetzt.
Bis dahin aerger ich mich damit rum, dass die Kiste zickt - mal springt sie auf den ersten Kick an, dann wieder kann ich mich in Schweiss kicken und das elende Miststueck versagt einfach den Dienst - wie gerade eben in meiner Mittagspause. Das macht natuerlich besonders viel Spass bei den aktuellen Temperaturen - derzeit knapp 30 Grad - und wenn das Teil dann in der prallen Sonne steht (gefuehlte 50 Grad).
Inzwischen hat sich Gespann auch einen passenden Namen verdient. Urspruenglich nannte ich es "Борис" (gesprochen Bariis - eingedeutscht: Boris), jetzt nenne ich es nur noch "Железосвинья" (gesprochen: Chelessaswinja - eingedeutscht: Eisenschwein) - und wenn das Gespann so weiter zickt, dann werde ich diesen Namen auch auf den Seitenwagen lackieren

Naja - mal schauen, ob das Eisenschwein gleich anspringt, wenn ich in zwei Stunden Feierabend habe. Wenn nicht, dann bekommt es einen Tritt und ich werde nach Hause laufen, mir dort erst mal ein bis fuenf Bierchen kippen (lecker deutsches Warsteiner aus der Dose) und mir Gedanken machen, wie es mit dem Eisenschwein weitergehen soll.
Frustrierten Gruss aus Tiflis