Richi hat geschrieben:... Grundsätzlich ist aber in diesem hohen Geschwindigkeitsbereich die Aerodynamik und damit der notwendige Abtrieb am Beiwagen von gravierender Bedeutung.
Gruß Richi
Damit hast du sicher Recht, kein Einwand.
Aber noch mal eins nach dem anderen:
1. Schlupf: Nikulski geht von theoretischen Betrachtungen aus, die Reifenindustrie würde wahrscheinlich was ganz anderes sagen. Das von N. beschriebene Phänomen tritt ja bekanntermaßen, und wenn es nur aus Westernfilmen ist, bei Dampflokomotiven auf. Ist der Vortrieb größer als die Reibung drehen die Räder durch, gleichermaßen Gummi auf Glatteis, Jeep in der Wüste, Trecker in nasser Ackerfurche usw.
Während sich bei bei diesen Beispielen nur durch verringern des Vortriebs, z.B. höherer Gang analog zu N.s Gleichung wieder Traktion herstellen lässt, muss man den Reifenfritzen zugute halten, dass sie die 100 Jahre genutzt haben, um die Reibung zw. Gummi und Macadam zu optimieren. Beispiel: Beim Burnout gewinnen die Reifen irgendwann Traktion, auch wenn das Drehmoment nicht zurück genommen wird.
Gerade Schlupf und Erwärmung setzten im Reifen Kräfte frei, die in einer Gleichung nicht unbedingt berücksichtigt werden können. Dazu muss man einfach sehen, dass in N.s Betrachtung mit festen Werten nur der kritische Punkt beschrieben werden kann. Denn tatsächlich wird physikalisch mit zunehmender Geschwindigkeit der Vortrieb ständig geringer. Leistung gleich Kraft mal Geschwindigkeit. Wird also der berechnete kritische Punkt dennoch überschritten, verändert sich N.s Gleichung stetig zum Nachteil des Schlupfes.
2. Auftrieb/Abtrieb: Natürlich erhöht jeder Spoiler den Abtrieb, wenn er richtig montiert ist, wachsend mit zunehmender Geschwindigkeit. Die Fahrwerksunruhen ohne Spoiler aber müssen nicht zwingend was mit dem Auftrieb zu tun haben, sondern eben mit dem Schlupf. Das treibende Rad sitzt seitlich hinter dem Schwerpunkt und versucht, banal ausgedrückt, ständig das Vorderrad zu überholen, das dem Vortrieb einen gewissen Rollwiderstand entgegensetzt. Stempelt ein Rad dabei, egal welches, lenkt das Fahrwerk ständig impulsartig gegen.
Schlupf, der durch Vortrieb entsteht, verursacht ja auch zwingend seitlichen Haftreibungsverlust. Schlupf würde ich als die Übergangsphase zw. Haft- Gleitreibung bezeichnen. Gleiches passiert bei Solomotorrädern bei starker Beschleunigung und mäßiger Traktion und PKW mit Heckantrieb und eingeschalteter Differentialsperre. Voll normal.
Der Spoiler nun in dem Versuch wurde anscheinend auf dem Seitenwagen montiert und hat damit zunächst mal schlicht die Radlast des SW Rades erhöht. Dass es danach besser wurde, heisst aber nichts anderes, als dass zunächst mal die Radlast des SW Rades generell zu gering war, um dem Pendeln des Hinterrades entgegen zu wirken. Nicht aber, dass sie während der Fahrt geringer geworden ist. Kann, muss aber nicht.
Nach N.s Ausführung wird der Schlupf mit zunehmender Geschwindigkeit größer, also auch die Pendelneigung des Antriebsrades. Der Spoiler erhöht genau alalog die Radlast auf dem SW Rad, dass dabei die seitliche Führung der Fahrzeughinterhand übernimmt. Passt also alles.
Ich persönlich glaube auch nicht an die aerodynamische Vollkommenheit von Fahrzeugen schlechthin und auch nicht an die von Seitenwagen im besonderen. Aber es ist nun mal nichts gemessen und nichts nachgewiesen. Auftrieb, wie er als Vorwurf hier erhoben wird, nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit drastisch zu und der Übergang von "leichter werden" und "Abheben" passiert wie bei einem Flugzeug in einem ganz engen Geschwindigkeitsbereich. Wäre der Auftrieb des F1 schuldig an den Unruhen gewesen, hätte er imho in den nächsten 5km/h abgehoben und zwar massiv. Ich mag mir das gar nicht ausmalen.
Fangios Silberpfeil hatte nach heutigen Erkenntnissen auf den ersten Blick eine kritische Aerodynamik. Seitenwagen haben allgemein einen beschissenen CW Wert, das sagt aber nichts über den Auftrieb aus, nicht zum guten und nicht zum schlechten.
Der F1 hat wahrscheinlich einen besseren CW Wert, kann ich aber auch nur anhand er Bilder mutmaßen.