HU hat geschrieben:Ein Kernproblem bei Aluradnaben ist die Übertragung der Kräfte in das Alu. Man braucht Fläche und Festigkeit. Ich habe in meiner aktiven Gespannbauzeit diesem Problem auch gegenüber gestanden. Versuche mit Kegellagern sind nur bei Stahlnaben erfolgreich gewesen, weil die Tragfläche noch kleiner wird. Verbessert hat es sich, wenn man auf jeder Seite 2 Lager verwendet. Das bringt doppelte Tragfläche. Ist zwar unter Profis nicht unumstritten, weil die Lager auch nicht immer ganz gleich sind, hat aber in der Praxis eine deutlich höhere Standzeit gebracht. Letztlich das Material. Ich bin dann bei AW7075 gelandet, auch unter dem Begriff "Fliegeraluminium" bekannt und früher unter F53. Die meisten Gespannbauer nehmen aber F36. Warum ? F53 kostete ca. 500 € /m, F36 nur die Hälfte. Für so eine zweiteilige Nabe kommen dann schon mal 150€-200 € für das Alu zusammen. Der gute Techniker wird dann sagen, egal ich nehme das bessere Alu, der gelernte Verkäufer spart eben am Material bzw. im Einkauf.
Natürlich spielt auch die Gesamtkonstruktion eine Rolle. Wenn keine genügende Wandstärke zur Verfügung steht, hilft auch das beste Material nicht.
Der Preis spielt sicher eine Rolle, aber wenn ein TÜV Prüfer nach den Buchstaben des Gesetzes vorgeht, wird er es nicht empfehlen, weil nun mal ein Korrosionsschutz für Aluteile am Fahrgestell vorgeschrieben ist und eloxieren von Flugzeugalu ist ein Lotteriespiel. Ich hatte meine Geschichten übrigens auf doof hochglanzpoliert und der Prüfer war mit der Erklärung zufrieden, aber gefragt hat er schon nach dem Korrosionsschutz. Hochglanzpolieren verkleinert die Oberfläche und bietet einen besseren Schutz als das eher derbe EN7075.
Der Glanz ist eine gute Sichtkontrolle.
Um beurteilen zu können, ob sich die Nabe noch einmal richten lässt, muss man das Teil in der Hand haben. Ich sach dazu nix. Aber bei den Ursachen fällt mir noch alles mögliche ein.
1. Alunaben von Serienmotorrädern halten auch, und wenn man sie entsprechend vorbereitet auch im Gespannbetrieb. Und die sind nicht aus Duraluminium.
2. Wärmedehnung. Ich habe noch keinen Gespannfahrer getroffen, der sein Hinterradnabe abfingert, ob sie heiss ist. Und das, obwohl da soviel gefrickelt und gemurxt wird.
Wenn die Nabe heiss wird, weiten sich die Lagersitze und die äusseren Lagerschalen reiben in der Kurve im Sitz, weil die Reibung in dem Moment dort geringer ist als zwischen den Kugeln und der Lagerschale. Die Lager fressen.
3. 2RS Lager. Tolle Sache, alle lieben sie, schön dicht, kann man schön putzen, braucht man nicht zu schmieren. Warum werden die von der Fahrzeugindustrie nicht verwendet? Sind die wirklich teurer als eine Fettfüllung und zwei Simmeringe? Im Lebe net. Schmierpflichtige sind besser, warum? Es läuft frisches Fett nach, Feuchtigkeit und Dreck, die sehr wohl in ein 2RS Lager eindringen können, können beim offenen Lager wenigstens wieder raus.
4. Lagerdistanzierung. Wir haben das hier oft genug thematisiert und auch in Soloforen kommt es ab und zu dran. Wenn die Distanzierung nicht stimmt, kommt es zwangsläufig zu erhöhter Reibung und Vorspannung in den Lagern. Und zwar nicht nur in der Nabe. Falsch distanzierte Nabenlager können je nach Bauart auch zu Schäden im Winkeltrieb führen. Ich meine sogar, dass darüber bei genau der gleichen Nabe vor einigen Jahren geschrieben wurde. Wenn ein Schaden am Winkeltrieb
und an der Nabe vorliegt, ist die Ursache in 99% der Fälle eine falsche Distanzierung. Sie erzeugt die nötige Wärme zu 2) und einen unbotmässigen Druck an den Zahnflanken und den Lagern des Winkeltriebes.
5. Fingerspitzengefühl. Es gibt Leute, die haben es, andere nicht und wiederum dritte wissen nicht, dass man es braucht. Für die Distanzierung von Rillenkugellagern in einer Radnabe ist es unerlässlich, da kommt kein digitales Messwerkzeug mit.
6. Angefertigte Naben müssen in der Regel zur Fertigstellung einmal umgespannt werden. Mir ist im Gespann- und Zubehörbau kein Fall bekannt, bei dem ein Handwerker je durch ein konstruktives Merkmal diesem Toleranzverursacher Rechnung getragen hätte. Wenn es links rund ist und rechts obendrein, ja was soll denn da noch schief gehen?
Antwort: Nix, was nicht schon schief ist.
Ich will niemanden bekehren, das sind alles Dinge, auf die ich persönlich achte, seit ich 1994 meinen ersten Nabeschaden an einem Honda CX im zweiten Jahr ihres Gespannlebens hatte, wo er nicht einmal untypisch ist. Ich hatte seither etliche defekte Lager, aber nie mehr eine defekte Nabe oder sonstige defekte Lagersitze.Normal lernt man auch was beim ersten Schaden.