Mal wieder Erfahrungen aus dem Rennstall:
1. Federbein vorn
Ich habe drei Jahre meine Gondel mit weicher Feder und harter Bedämpfung vorne gefahren. Vom Komfort her sehr gut bis auf das Überfahren von Verkehrsberuhigungsschwellen. Am besten zügig und mässigen Reifendruck vorne.
Nun habe ich die Feder vorgespannt, damit die Nase etwas höher kommt. Die Fahrerei war letztlich für die Handgelenke erst einmal unerträglich, dafür für flotte Fahrt auf der Bahn ideal. Ich habe dann die Dämpferregelung für Zug und Druck ganz runter gedreht und dann pö a pö wieder hoch. Die Pös haben nicht lang gedauert, so komfortabel das im Stadtverkehr ist, so gefährlich wird es auf der Landstraße, von der Bahn ganz zu schweigen, da hat das Biest vorn nach gefedert. Im Moment fahre ich minimale Druckdämpfung bei fast voller Zugdämpfung. Fühlt sich ganz gut an.
Lehre/Kurzfassung: je härter die Feder vorne ist, desto kürzer federt sie ein, desto geringer ist der Bedarf an Druckdämpfung, aber desto höher ist die Gefahr des Nachfederns und der Bedarf an Zugdämpfung. Das ist etwa so, wie hoher Druck in einem Springball.
2. Lenker
Ich habe wieder den gekröpften Lenker montiert, der ist 4cm höher und 3cm breiter. Passte überhaupt nicht. Dem Fahrer jetzt. Genaue Analyse: der Lenker steht nicht gerade, wenn das Fahrzeug vermeintlich geradeaus läuft. Seltsam, dass mir das bei den Stummeln nicht aufgefallen ist. Das ist so eine typische Geschichte für die indirekte Zug- und Schubstangenlenkung. Alle Gewinde sind gleich eingestellt, Lenker steht trotzdem schräg. Ist schnell und einfach zu reparieren, zwei Anläufe, zwei Umdrehungen. Längere Probefahrt sagt: es hätten eineinhalb Umdrehungen sein müssen. Ist wie Schuhe anprobieren im Laden. Man kauft sie immer zu schnell.
Lehre/Kurzfassung: Der Lenkerwinkel lässt sich bei einer Achsschenkellenkung natürlich verstellen. Wenn Schulter oder Handgelenk drückt, mal genau überprüfen woher das kommt.
3. Nachlauf
Ich hatte letzten Sommer endlich die Justierschrauben für die Nachlaufverstellung loseisen können, aber noch nichts geändert. Erst die Probefahrt mit Meenzers K1200 hat mich auf die Idee gebracht, das mal zu probieren. Höchst ungern, denn ich war zufrieden mit dem Verhalten des Gespannes. Nur Nachfassen beim Wenden war mit den Stummeln ein Problem. Ich war aber auch mit weniger Wendekreis zufrieden.
Kürzlich habe ich das Rad nun also ganz vor geklappt, was den Nachlauf von ca. 60 auf ca. 30mm verringerte.
In Verbindung mit dem anderen Lenker war das Problem der engen Kehre natürlich sofort gelöst. Trotzdem bin ich nicht zufrieden. Während früher das Gespann absolut nicht auf Spurrillen reagiert hat, tut es das jetzt schon tun. Erklärung? Raten. Mit dem längeren Nachlauf reagiert das Rad durch einen Lenkimpuls auf Fahrbahnveränderungen, der routinierte Fahrer hält gefühlvoll dagegen. Mit kurzem Nachlauf reagiert die Lenkung nicht mehr, dafür der Reifen, denn die Kräfte von der Fahrbahn sind nun mal da. Das gleiche bei Schrägauffahren auf den abgeflachten Bürgersteig. Es gibt weniger Lenkimpulse, die auf die Hände wirken, aber der Lenkimpuls, wenn er dann auftritt, wird mit kurzem Nachlauf um so härter, wenn das Losbrechmoment erst einmal überwunden ist. (Mein Gespann hat keinen Lenkungsdämpfer.)
Insgesamt verhielt sich das Fahrzeug mit längerem Nachlauf ruhiger und ausgewogener. Der Wendekreis war größer, weil der Lenkerwinkel am Schluss einfach ergonomisch für das Ausüben größerer Kräfte nicht passte. Die geringeren Lenkkräfte des kurzen Nachlaufes machen sich bei normaler Fahrt aber absolut nicht bemerkbar.
Lehre/Kurzfassung: Man tauscht den einen Nachteil gegen andere aus. Wenn's rollt, lenkt auch der lange Nachlauf leicht, vorausgesetzt, die Fuhre läuft tendenziell geradeaus. Tut sie es nicht, ist das verkürzen des Nachlaufes ein Herumdoktoren an den Symptomen. Der Geradeauslauf wird woanders eingestellt.