MG 152 / 153 - 2016 / Pro & Contra Bremse am Schwenker-BW

Alles über, na ja, Schwenker eben ...

MG 152 / 153 - 2016 / Pro & Contra Bremse am Schwenker-BW

Beitragvon willi-jens » 8. Mai 2016 09:46

In der vorherigen wie auch der aktuellen MotorradGespanne ist ein Bericht über das Pro und Contra der Bremse am Seitenwagen bei Schwenkergespannen.
Ob es hier dazu eine Diskussion gibt ist eher unwahrscheinlich, aber natürlich durchaus möglich.
In der Ausgabe 152 kamen die Hersteller zur Sprache. In der Ausgabe 153 sollen die Leser zu Wort kommen.

Da mir die aktuelle Ausgabe nicht vorliegt, kann ich leider nicht sagen ob mein Leserbrief aufgenommen wurde und wenn ja, ob dieser Brief in seinen Aussagen korrekt wiedergegeben wurde. Daher hier zumindest die ungekürzte Ausgabe:

Beiwagen-Bremse an Schwenkergespannen, Motorrad-Gespanne Nr. 152 / 2016

Sehr geehrter Herr Dr. Koenigsbeck,
Sehr geehrtes Motorrad-Gespanne-Team,

zuerst einmal möchte ich mich bedanken, dass Sie es gewagt haben dieses durchaus kritische Thema, dass in der Vergangenheit durchaus für einige Turbulenzen in der Deutschen Gespannbau-Szene geführt hat, aufzugreifen. In diesem Zusammenhang sind Sie, Hr. Koenigsbeck mir bereits durch Ihre Berichterstattung zum Thema ABS in der Gespannbau-Szene in den „gespann-news.de“ (ak44/10: http://www.gespann-news.de/newsgespann/abszwie/index.html) positiv aufgefallen.
Gerade nach den früheren zum Teil sehr polemischen Aussagen eines speziellen Gespannherstellers aus dem Norden, die zum Teil völlig unreflektiert in der Presse verbreitet wurden, freue ich mich, dass diese Veröffentlichung insofern allen Gespannherstellern von Schwenkern ein Forum eröffnet hat und zu Wort kommen ließ.

Was mir persönlich in der Diskussion ein wenig fehlt ist die Besprechung der speziellen Fahrdynamik, die ein Schwenkergespann aufweist und die sich in keiner Form mit einem Starrgespann vergleichen lässt, da die zugrunde liegende Fahrphysik auf anderen Grundlagen basiert (etwas was jeder Solomotorradfahrer, der je einmal auf einem Starrgespann gesessen hat leicht nachvollziehen kann). In der Vergangenheit wurde in einigen „Testberichten“ ungeprüft die Aussage des genannten Gespannherstellers aus dem Norden wiederholt bei der es hieß: Ein ungebremster Beiwagen sei lebensgefährlicher Blödsinn, weil sich der Beiwagen bei starken Bremsungen querstellen könnte.
Ich weiß nicht ob es bis zum heutigen Zeitpunkt jemals einem Fahrer eines Schwenkergespannes gelungen ist ein solches Verhalten zu beobachten und ich wage mal zu behaupten, dass ich durch meine mehrjährigen Auslandsaufenthalte nicht nur einen recht guten Überblick über die deutsche Schwenkerszene habe, sondern auch in vielen anderen Ländern (Europa, USA, Australien, etc.) mit Besitzern von Schwenkergespannen unterschiedlichster Hersteller oder auch Eigenbauten in Kontakt stehe. Von einem Querstellen eines Schwenkergespannes mit ungebremsten Beiwagen beim Bremsen habe ich in inzwischen fast 10 Jahren in allen diesen Ländern nie etwas gehört.

Aufgrund der üblicherweise sehr leichten Beiwagen von Schwenkergespannen sind die Fahrleistungen dieser Gespanne ja durchaus nicht weit entfernt von denen der für das Gespann verwendeten Solomotorräder. Das Beschleunigungsvermögen (bis ca. 100km/h) ist daher zumindest mit starken Solomotorrädern ja durchaus vergleichbar mit den Kräften die beim starken Bremsen auftreten können (durchaus in der Region von > 7 m/s² und mehr).
Bei bisher keinem von mir gefahrenen Schwenkergespann habe ich beim Beschleunigen ein Problem mit der Spurhaltung feststellen können (wie auch beim Bremsen nicht). Ich besitze selber ein solches Schwenkergespann seit vielen Jahren und habe auch mehrere Schwenkergespanne dieses wie auch anderen Herstellers Probefahren dürfen. Wenn eine Bremse am Beiwagen für die Spurhaltung erforderlich sein sollte, dann müsste dieses doch in gleicher Weise beim Beschleunigen mit umgekehrten Vorzeichen gelten. Wer also argumentiert eine Bremse am Beiwagen sei unbedingt aus Spurhaltungsgründen erforderlich, müsste in gleicher Form ein nicht angetriebenes Beiwagenrad für starke Solomotorräder (>100 PS) ablehnen, da sich die physikalischen Grundlagen nicht unterscheiden (nur eben mit umgekehrter Richtung) und die Kräfte zumindest ähnlich sein können.

Andererseits dürfte gerade dem Team von Motorrad-Gespanne seit dem Test von Hr. Lixfeld in der M-G-Ausgabe Nr. 127 Jan/Feb 2012 der Einfluss einer zu starken Bremse am Beiwagen eines Schwenkergespannes mit der durchaus sehr beunruhigenden Neigung zu Lenkmomenten vom Beiwagen weg (also in Richtung des Gegenverkehrs!) beim Bremsen eigentlich nicht unbekannt sein. Leider habe ich auf meine damaligen Frage zu diesem Testbericht und wie die im Text erwähnte „andere Federeinstellung“, die diese Neigung abgestellt haben soll, funktionieren soll bzw. wie die Federung einen solchen Einfluss haben kann, nie eine Antwort erhalten.
Vielleicht auch durch die in dem damaligen Testbericht meines Erachtens unreflektierten Aussagen ("keine Billigangebote aus der Grabbelkiste", „nur mit Bremse auch beim Schwenker“ & "wer einmal bei einer Notbremsung mit einem ungebremsten Beiwagen im Kreis gedreht wurde weiß dies zu schätzen" ) bei gleichzeitigen Problemen mit Lenkmomenten beim Bremsen etwas sensibilisiert, frage ich mich auch warum man in dem aktuellen Bericht mit den Bildtexten auf Seite 24 & 25 („Kalich Swing: Der Fahrer ist der Dumme!“ & „Müller-Schwenker: Keine Krücke erschaffen!“) beim Leser wiederum ein ähnlicher Eindruck erschaffen wird. Ohne technischen Hintergrund für diese Aussagen, und ein solcher Hintergrund fehlt mir derzeit, bleibt bei mir dabei ein fahler Beigeschmack.

Insbesondere wenn man bedenkt, dass seit 2016 für alle Motorräder mit neuer Typzulassung und spätestens in 2017 / 2018 für alle Motorradneuzulassungen ein ABS-Zwang besteht (was ich persönlich für eine gute Sache halte), bleibt für mich als Hauptfrage wie eine Bremse für den Beiwagen sicher an das Motorrad-ABS-Bremssystem angeschlossen werden soll. Gerade nach der von Ihnen veröffentlichten ABS-Geschichte in den „gespann-news.de“ (ak44/10) und inzwischen häufig doch noch sehr viel komplexeren ABS-Systemen dürfte ich doch sicherlich nicht die einzige Person sein, die sich fragt wie die Gespannhersteller, die ja in der Regel größen- & umsatzbedingt doch nur recht begrenzte Mittel zur Verfügung haben dürften, die notwendigen Ressourcen aufbringen sollten um die Software solcher Systeme so anzupassen, dass eine weitere Bremse betriebssicher angeschlossen werden kann.
Ich kann nur vermuten, dass die Kunden eines Schwenkergespannes welches mit einer Bremse am Beiwagen und einem Motorrad welches mit ABS ausgestattet ist von den Schwenkerherstellern nicht darüber aufgeklärt werden/wurden, dass eine solche Anpassung der Software in der Regel unterbleibt/unterblieben sein dürfte. Selbst wenn eine solche Anpassung der ABS-Software erfolgt sein sollte, dann müsste ja dieses Steuergerät gegen nachfolgende Updates in den Motorradwerkstätten gesperrt werden. Der Kunde wird somit vermutlich unbewusst zum Testfahrer.

Für mich bleibt auch aus eigener Erfahrung ein ABS am Motorrad, speziell mit Schwenker, ein Sicherheitsfeature auf welches ich keinesfalls verzichten würde. Ich durfte bei einer Probefahrt auf nasser Straße bereits am eigenen Leib erfahren wie schnell das Vorderrad eines Schwenkergespannes ohne ABS überbremsen kann. Dabei wird ein Schwenkergespann aufgrund der Massenträgheit eigentlich immer in Richtung des Beiwagens kippen und ab diesem Moment darf man dann nur noch hoffen, dass der Schwenkerhersteller daran gedacht hat einen Schräglagenanschlag zu montieren welcher verhindert, dass die Lenkung beim zwangsläufigen Einschlagen in Richtung Beiwagen nicht blockiert oder der Fahrer zwischen Motorrad & Beiwagen eingeklemmt wird.
Ich bin daher sehr froh vor der Bestellung meines Schwenkers auf den Rat von Hr. Kalich gehört zu haben und mir daraufhin ein Motorrad mit ABS gekauft zu haben. Ich habe mit diesem Schwenker verkehrsbedingt bereits mehrfach Vollbremsungen bis in den ABS-Regelbereich durchführen müssen um Zusammenstößen zu entgehen. Die zuverlässige Funktion des ABS und auch der Hinterrad-Abhebe-Erkennung des ABS-Systems habe ich dabei sehr zu schätzen gelernt. Wer je ein abhebendes Vorderrad beim Beschleunigen mit Schwenker oder ein abhebendes Hinterrad beim Bremsen mit Schwenker erlebt hat, wird wissen was ich meine. Bei regelmäßigen Sicherheitstrainings wie auch voll beladen auf Urlaubsfahrten ist mir dabei nie eine fehlende Bremsleistung bewusst geworden.
Keinesfalls würde ich diese Sicherheit gegen das Risiko eines Lenkmomentes in Richtung Gegenverkehr durch eine zu stark eingreifende Bremse am Beiwagen oder das Risiko einer unberechenbaren Reaktion des ABS-Systems eintauschen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

xxxxxx

P.S. Ich finde es übrigens sehr schade, dass es die Archiv-Funktion bei den "gespann-news.de" derzeit nicht mehr zu geben scheint, da ich die Berichte früher immer gerne auch später noch einmal gelesen habe.
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Re: MG 152 / 153 - 2016 / Pro & Contra Bremse am Schwenker-B

Beitragvon willi-jens » 25. Mai 2016 12:36

Ich habe mir die Ausgabe 153 jetzt mal genauer durchgelesen.
Da wird allen Ernstes tatsächlich von einem sogenannten Fachmann empfohlen das ABS stillzulegen nur um eine Bremse am Beiwagen zu montieren. :roll: (weil betriebssicher testen wie es als Alternative vorgeschlagen wird kann das ja wirtschaftlich kein Gespannbauer, da brauchen ja selbst die Motorradhersteller teilweise Wochen bis Monate um die Regelparameter auszutesten und verschieben deswegen die Einführung des Kurven-ABS für einige Modelle auf spätere Modelljahre)

Ich denke es ist unbestreitbarer Fakt, daß ein ABS ein massiver Sicherheitsgewinn für die Masse aller Motorrradfahrer darstellt. Ob die Zahlen vom ADAC mit um die 30 oder 40% Reduktion der Unfallzahlen stimmen mag ich nicht beurteilen, aber diese Dekra Meßergebnisse aus realen Sicherheitstrainings würde ich nicht für unrealistisch halten:
Dekra Sicherheitsuntersuchung (siehe Seite 43, gerade einmal 5% der Teilnehmer, die Verzögerungen >7 m/s² schaffen, bei ABS über 35-36% der Teilnehmer; Teilnehmer ca. 50% jeweils mit & ohne ABS).

Da ich mal davon ausgehe, daß der Leserbrief dazu wieder nicht veröffentlicht wird, ich diese Frage aber als durchaus sicherheitsrelevant erachte:

Beiwagen-Bremse an Schwenkergespannen, Motorrad-Gespanne Nr. 153 / 2016

Sehr geehrter Herr Dr. Koenigsbeck,
Sehr geehrtes Motorrad-Gespanne-Team,

wiederum mit Interesse habe ich den Beitrag zum Pro & Contra von Bremsen an Schwenkerbeiwagen verfolgt. Gerade die Ausführungen von Hr. Dr. Joachim Funke sind dabei sehr interessant zu lesen. Ich stimme mit Hr. Dr. Funke in den fachlichen Punkten zur Fahrphysik von Schwenkern und dem grundlegenden Unterschied zu Starrgespannen zu. Dies ist auch ganz klar der Grund warum ich jedem Interessenten von Schwenkergespannen ganz eindeutig zu einem ABS am Motorrad raten würde. Ein überbremsendes Vorderrad oder auch ein abhebendes Hinterrad an einem Schwenkergespann muß durch die Massenträgheit des Beiwagens zwangsläufig zu einem Kippen des Motorrades in Richtung des Beiwagens führen, wenn dies nicht vorher durch die ABS-Regelung verhindert wird.

Lediglich die Schlußfolgerungen von Hr. Dr. Funke erscheinen entweder sinnentstellend verkürzt oder aber logisch nicht zu Ende gedacht. Die Radlast an dem BW-Rad eines Schwenkergespannes beträgt bei leerem BW ca. 35-50 kg (ca. 2/3 des BW-Gewichtes). Bei einem voll beladenen Schwenker-BW i.d.R. nicht mehr als 115-130kg (davon ausgehend, daß die erlaubte Zuladung i.d.R. nicht mehr als 120kg beträgt & wiederum die Aufteilung dieses Gewichtes berücksichtigend). Da das BW-Rad i.d.R. nur mit geringem Vorlauf vor dem Hinterrad des Motorrades angeordnet ist, geht die Hauptlast des auf das Motorrad übertragenden Lastanteils in die Radlast eben dieses Hinterrades. Zudem ist jedem Schwenkerfahrer bekannt, daß schwere Zuladung wenn möglich auf dem Motorrad unterzubringen ist. Diese Radlasten unterscheiden sich somit beträchtlich von zu erwartenden Radlasten des Motorrades. Zudem ist der prozentuale Unterschied der BW-Radlast zwischen leer und voll beladen quasi einmalig im Fahrzeugbereich (immerhin beträgt die Radlast leer weniger als 1/3 der Radlast voll beladen).

Nur den einfachsten Fall einer Geradeaus-Bremsung betrachtend muß also eine evtl. Bremse am Schwenker-BW entweder auf eine mittlere Radlast des Schwenker-BW ausgelegt werden oder aber die Bremslastverteilung ist für jede Laständerung im BW neu einzustellen. So denn eine solche Einstellung manuell zu erfolgen hat, und dies legt der Lösungsvorschlag von Hr. Dr. Funke mit der einstellbaren Bremswaage ja durchaus nahe, wird dies praktisch dazu führen, daß immer eine gewisse Kompromißeinstellung gefahren wird (einfach aus Bequemlichkeit heraus, von der Gefährdung eine solch sensible, sicherheitsrelevante Einstellung in evtl. unkundige Fahrerhände zu geben will ich lieber nicht reden). Mal davon ausgehend, daß eine solche Kompromißeinstellung irgendwo auf der Mitte zwischen den Werten leer & voll beladen eingestellt wird, erschließt sich mir dann leider nicht der Vorteil der BW-Bremse, da die von Hr. Dr. Funke so kritisch angemerkten entstehenden Rest-Querkräfte sich in diesem Fall in keiner Weise von den Werten für einen leeren Schwenker-BW unterscheiden.

In dem vorliegenden Text schweigt sich Hr. Dr. Funke außerdem aus wie eine solche Bremse in das ABS des Motorrades eingebunden werden soll. Ein ABS ist aber seit 2016 für alle neuen Typzulassungen und spätestens in 2017/-18 für alle Motorradneuzulassungen vorgeschrieben. Ein eigener Bremskreis für eine solche Bremse am Schwenker-BW scheint dabei die einzige Lösung zu sein, die eine evtl. gefährliche Beeinflussung des ABS-Systems am Motorrad verhindern kann. Angesichts der Komplexizität neuerer ABS-Systeme, die ja zur Optimierung der Bremsleistung wie auch zur Verhinderung von Stoppies oder als Kurven-ABS inzwischen weit komplexer als die damals besprochenen FTE & Continental-ABS-Systeme
(ak44/10: http://www.gespann-news.de/newsgespann/abszwie/index.html) sind, erscheint eine direkte Einbindung in die ABS-Bremskreise als wenig zielführend bzw. mit einem sehr hohen Potential für völlig unkontrollierbare ABS-Reaktionen verbunden. Die Bremse am Schwenker-BW ist in dem Fall also mit einem eigenen ABS auszustatten oder die Schwenker-BW-Bremse ist völlig ohne ABS.

Daß heißt aber im Umkehrschluß, daß eine solche Schwenker-BW-Bremse dann entweder völlig synchron mit des ABS des Motorrades arbeiten muß oder aber beim Ansprechen des ABS am Motorrad evtl. unbeirrt weiter voll bremst. Die resultierenden Querkräfte werden in einem solchen Fall dann aber zu einem starken Lenkimpuls vom BW weg (also in Richtung Gegenverkehr!) führen. Wie dies ja auch in dem Text von Hr. Dr. Funke auf Seite 33 oben in der rechten Spalte analog erläutert wird. Einen solchen Lenkimpuls beim Bremsen hat ja auch das Team von Motorrad-Gespanne in dem Test in der MG-Ausgabe Nr. 127 - 2012 bereits erfahren dürfen (aufgrund des fehlenden ABS-Systems an der getesteten Voxan allerdings in vermutlich sehr sehr viel milderer Form). Leider habe ich auf meine damaligen, wiederholten Fragen zu diesem Testbericht und wie die im Text erwähnte „andere Federeinstellung“, die diese Neigung abgestellt haben soll, funktionieren soll bzw. wie die Federung einen solchen Einfluss haben kann, nie eine Antwort erhalten.

Den Idealfall einer Schwenker-BW-Bremse mit einem eigenständigen ABS-Systems welches synchron mit dem ABS-Systems des Motorrades arbeitet mal außen vor ist also eine Schwenker-BW-Bremse eigentlich zumindest in Betracht zu ziehen als ein Risiko für unkalkulierbare Lenkimpulse. Die normalen Massenkräfte durch Schwenker-BW hingegen sind jedem Schwenkerfahrer nicht nur vom Bremsen sondern auch vom Beschleunigen ein Begriff (wie in meinem vorherigen Leserbrief ausgeführt sind die Kräfte beim Beschleunigen bei Motorrädern mit >100 PS ja durchaus vergleichbar) und durch die statischen Lasten viel einfacher zu berücksichtigen.

Ohne eine solche Schwenker-BW-Bremse ist im Rahmen der jährlich stattfindenen Schwenker-Sicherheitstrainings selbst bei älteren ABS-Systemen mit langsameren Regelfrequenzen und mit weniger gut funktionierenden Hinterrad-Abhebeerkennungen (wie sie Bsp. die BMW R1100GS / R oder die R1150GS besitzen) zwar eine gewisse Neigung zum Stoppie oder sich wiederholenden Stoppies zu erkennen, aber die Fahrer (unter ihnen auch Ihr Leser H. Feurstein) sind trotzdem alle in der Lage ohne Probleme geradeaus zu bremsen. Mit neueren ABS-Systemen ist diese Stoppie-Neigung nicht zu beobachten bzw. nur beim Stillstand (je nach Motorrad). Ich kann Sie wie auch den Leser mit dem Schwenker an der BMW R1150RT nur dazu einladen an diesen bisher regelmäßig stattfindenden Sicherheitstrainings teilzunehmen um sich selbst ein Bild davon zu machen. Sicherlich würde sich dabei auch eine Möglichkeit ergeben den gewünschten Fall einer Bremsung mit niedrigem Reibwert zu testen. Wie in meinem vorherigen Leserbrief zur Ausgabe 152, der leider nicht veröffentlicht wurde, bereits berichtet habe ich einen solchen Praxisfall im öffentlichen Strassenverkehr mit einem Schwenkergespann ohne ABS bereits hinter mir. Ich bin sicher, daß die Situation des Vorderrades auf dem Leitstreifen mit ABS am Motorrad völlig folgenlos geblieben wäre. Mit einer nicht mit ABS-ausgerüsteten Bremse am Schwenker und dem zwangsläufig darausfolgenden Lenkimpuls vom BW weg hätte ich danach vermutlich nicht so lächlen können wie ich es aufgrund des auf dem Schräglagenanschlag stehengebliebenden Schwenker tun konnte (bis auf den Schreck zum Glück völlig folgenlos, der Insasse im BW hat sogar einfach weitergeschlafen).

Es bleibt meines Wissenstandes nach festzuhalten, daß die von den Reifen des Motorrades möglichen zu übertragenden Längs- (also Beschleunigungs- & Bremskräfte) und die Querkräfte (also die Seitenführungskräfte, die das Motorrad auf Kurs halten) sich frei innerhalb des Kamm'schen Kreises aufteilen. Eben deshalb erscheint mir der Tipp in dem veröffentlichten Text von Hr. Dr. Funke im Zweifelsfall das ABS am Motorrad stillzulegen wenig zielführend für ein sicheres Schwenkergespann. Eben dieses ABS stellt ja sicher, daß die Bremsung nicht jenseits der Haftreibung der Motorradreifen erfolgt. Der Verlust der notwendigen Seitenführungskräfte wird somit durch das ABS im Rahmen der Regelfrequenzen verhindert.

Mit freundlichen Grüßen
xxxxxx


Imho extrem schade, daß die Diskussion inzwischen in der Presse so unsachlich geführt wird. :(
Da gab es früher sachlichere Diskussionen auch hier im Forum (z.Bsp. hier oder hier).

Grüße

Jens
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Re: MG 152 / 153 - 2016 / Pro & Contra Bremse am Schwenker-B

Beitragvon Stephan » 25. Mai 2016 15:17

Für mich als Ahnungsloser Starrgespannfahrer, wirkt die BW-Bremse-Diskussion schon stark wie ein Glaubenskrieg. Meint, beide Seiten bringen starkwirkende Argumente für ihre Sache. Ahnungslose, wie ich können's glauben oder nicht.


Stephan
"Ich stehe hinter jeder Regierung, bei der ich nicht sitzen
muss, wenn ich nicht hinter ihr stehe."

Werner Finck

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Re: MG 152 / 153 - 2016 / Pro & Contra Bremse am Schwenker-B

Beitragvon willi-jens » 25. Mai 2016 19:55

Stephan hat geschrieben:Für mich als Ahnungsloser Starrgespannfahrer, wirkt die BW-Bremse-Diskussion schon stark wie ein Glaubenskrieg. Meint, beide Seiten bringen starkwirkende Argumente für ihre Sache. Ahnungslose, wie ich können's glauben oder nicht.


Stephan

Ich bin ja eher der Meinung das Glauben eher in die Kirche oder zum Beten gehört. Bei Technik halte ich mich dann imho besser an Fakten, physikalische Gegebenheiten / logische Schlüsse und eigene, praktische Erfahrung.

Und da kann ich klar feststellen, daß ein ABS extrem hilft bis an die Blockiergrenze zu bremsen ohne Angst vor den Reaktionen haben zu müssen.
Wenn mir dann jemand sagt wie man daran eine zusätzliche Bremse für die geringe Radlast am BW anschließt ohne evtl. unkalkulierbare ABS-Reaktionen oder Lenkreaktionen (wie z.Bsp. in der MG-127 bereits verklausuliert berichtet) befürchten zu müssen, dann bin ich schnell dabei so etwas nachzurüsten, wenn es finanziell nicht völlig jenseits von gut & böse sein sollte.

Ohne ABS geht es einem aber sicherlich nicht besser als den Sicherheitstrainingsteilnehmern, die der DEKRA ausgewertet hat (siehe oben: gerade einmal 5% der Teilnehmer, die Verzögerungen >7 m/s² schaffen, bei ABS über 35-36% der Teilnehmer; Teilnehmer ca. 50% jeweils mit & ohne ABS).

Was die Möglichkeiten / Fähigkeiten von Gespannbaufirmen die immer ausgefeilteren ABS-Systeme unterschiedlichster Bauart an den neuen Einsatzzweck anzupassen (weitere Bremse, andere Regelparameter, Update beim nächsten Service des Motorrades, etc.) wurde ja bereits ausführlich diskutiert (hier oder hier, etc.)....
Da kann sich dann jeder selber überlegen ob man mit so etwas bei den vorhandenen Entwicklungsresourcen & -budgets dieser Firmen/Werkstätten dann sicherer unterwegs ist :roll:

Grüße

Jens
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