Ja, ist 'n Thema. Ich bin nun außer in Technik Foren in keinem sozialen Netzwerk aktiv, halte ihren Einfluss aber auch für bedrohlich. Umsomehr als eben der neue Sprachgebrauch, der sich daraus ergibt, nicht unbedingt in unser altes Sprach- und Werteschema passt, so wie wir es einmal bei der Oma oder in der Volksschule gelernt haben.
Durch die Verdenglischung hat man den Eindruck, es handele sich um Ströumungen die nur in den sozailen Medien aufträten.
Tatsächlich gibt es aber auch in Technikforen "Like-" und "Ignore-Buttons". Der Ton wird härter, auch bei einfachen Fragestellungen. Auch Rudelbildungen unter den Wissenden sind zu verzeichnen, die ihre Platzhirschposition entsprechend energisch bis beleidigend vorzutragen wissen. Ganz wie in "Real-Social-Network-Life".
Und damit nicht genug, entblöden sich die öffentlich rechtlichen Rundfunk- und Fernsehmedien nicht, in vermeintlich ausgewogenen Informations- und Politsendungen auf unbekannte Quellen in den Sozialen Netzwerken hinzuweisen, zu zitieren, platzieren sich selbst offensichtlich auch da.
Wir haben das oft thematisiert: am Bildschirm sieht man sein Gegenüber nicht, man kann "ausreden", wird nicht unterbrochen und es spielt keine Rolle, ob man in der Unterhose beim fünften Bier vor dem Bildschirm sitzt. Der andere kriegt es nicht mit, kann es bestenfalls vermuten.
Wenn wir uns am Bildschirm einem Sprach- und Benimmzwang unterwerfen würden, wie wir ihn gegenüber Leuten hegen, die nach dem Weg fragen, oder Nachbarn gegenüber, die eine Bitte haben, wären Fronten oft nicht so dümmlich verhärtet. Insofern bin ich persönlich nicht so darauf verpicht, die Digitalisierung in D voranzutreiben, das ist nach meinem Dafürhalten ein Werkzeug, mit dem auch gebildete Leute nicht umzugehen gelernt haben.
Nicht die Kenntnis, das Vermögen eines toleranten Umgangs allein ist der Schlüssel, die Bereitschaft dazu ist es. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob nicht eine mangelnde Bereitschaft, eine ausufernde Streitsucht nicht auch ein natürliches Grundbedürfnis des Menschen ist. Ein spätpubertäres Ausleben jugendlichen, männlichen Kräftemessens (Manta Golf GTI), das im Zuge der Emanzipation auch auf die -innenwelt übergreift. (Sofern es da nicht schon eine ältere Veranlagung gibt, vgl. "Zickenkrieg").
Die virtuelle Welt war anfangs ein Raum für sich, ihre schlechten Gewohnheiten haben nach meinem Dafürhalten schon lange auf unser Alltagsleben übergegriffen. Neulich hatte ich zufällig ein Gespräch mit einem Impfgegner, hat sich am Kaffetisch unterwegs so ergeben. Als ich feststellte, welch weitere platte Parolen damit einhergehn, habe ich die zurückhaltende Diskussion abgebrochen und gedacht: Hat doch keinen Zweck. Dabei kam ich zu dem Schluss: es sind nicht nur die anderen, vielleicht bin auch ich bereits formiert.