Spiel in der Beiwagenlenkung

Für das Dingeling

Spiel in der Beiwagenlenkung

Beitragvon g-spann » 2. Mai 2022 10:41

Seit einiger Zeit stellte ich eine zunehmende Entkopplung von Beiwagen- und Vorderrad fest. Besonders auffällig war es in schnell gefahrenen Rechtskurven beim Wiederaufsetzen des Beiwagenrades, was jedesmal einen leichten Ruck im Lenker verursachte. Bei aufgebocktem Beiwagenrad war am Rad ein Spiel von ca. 40 mm im Lenkmechanismus festzustellen. Hmmm...

Die Bowdenzüge waren richtig eingestellt, die Kugelköpfe der Koppelstange fest und spielfrei.
Als Übeltäter stellte sich der Betätigungsarm der Koppelstange auf der Steuerscheibe heraus, der sich doch sehr deutlich auf dieser bewegen konnte.

Mit Hilfe der Ersatzteilliste (danke, Klaus!) fand ich heraus, dass beide Teile mittels Passfeder und von daher eigentlich verdrehsicher verbunden sein sollten.
Durch die Demontage der Steuerscheibe am Lenkkopf (super Tipp, Andi!) ging die Demontage des Beiwagenrad-Lenkungs-Gedöns auch relativ flott vonstatten, wenn man mal von der Notwendigkeit einer kräftigen zweiten Person mit langer Hebelstange zum Lösen der selbstsichernden Mutter des Kugelkopfes absieht (...ich hab mich immer gefragt, warum man an dieser Stelle eine selbstsichernde Mutter UND einen Sicherungssplint verwendet :smt013 ).
Normalerweise ist bei solchen Gelegenheiten ein Druckluftschlagschrauber ein guter Freund, an dieser Stelle jedoch kann man nur mit einem 16er :roll: Maulschlüssel, und dann auch nur in 1/6 Umdrehungsschritten arbeiten...und natürlich Feingewinde, super!

Die Verbindung von Steuerscheibe und Betätigungsarm ist mit einem Sprengring gesichert, nach dessen Entfernung die beiden Teile schon durch leichtes Schütteln auseinander fielen, was eigentlich so schon nicht sein sollte.

Genau ausgemessen ergab sich folgendes Schadensbild:
Die Passfeder war eingeschlagen, beide Nuten ausgeschlagen, sodass sich ein Spiel zwischen zwei und zweieinhalb Zehntel Millimetern ergab. Hört sich nicht nach viel an, verursacht am Beiwagenrad allerdings das oben beschriebene Spiel von 40 mm...
Auch hatten die beiden Bauteile zueinander ein Spiel in der Bohrung von etwa zweieinhalb Zehntel, normalerweise sollte das saugend passen, das entspräche einem Spiel von etwa zwei Hunderstel.

Gut, wenn man einen Werkzeugmacher zum Freund hat: Dieser grinste nur über das "minderwertige Material" (das macht er meistens), arbeitete dann die Nuten nach, prüfte die neue Nutenbreite mit seinem Endmaßkasten und stellte auf seiner Erodiermaschine "mal eben" eine neue, stramm passende Passfeder aus hochwertigem Werkzeugstahl (er hat mir eine Nummernbezeichnung gesagt, behalten habe ich aber nur die Härte von 58 Rockwell) her.
Die Passfeder machte er auch etwas höher, um das Spiel in der Bohrung zu minimieren.
Zusätzlich wurden beide Bauteile dann noch mit Loctite 270 verklebt.

Die Montage der nun fest verbundenen Einheit ans Gespann nahm dann die meiste Zeit in Anspruch; hauptsächlich wegen der beiden Passscheiben, die auf die Innenringe der Lager drücken sollen, sich aber beharrlich weigern, solange gleichzeitig an ihrem zugedachten Platz zu bleiben, bis man die zentrale Befestigungsschraube durchgeschoben hat. :rock:
Hier ist ein zweiter Mann hilfreich, der das im Zorn durch die Werkstatt geworfene Werkzeug auffängt, bzw. wieder einsammelt... :lol:

Aber, am Ende wird alles gut: Irgendwann, spätabends, konnte ich die Kunststoffabdeckung wieder anschrauben und hatte eine fast spielfreie (am Rad etwa 5 mm, verursacht durch das erforderliche Zugspiel) Beiwagenlenkung!

Wahrscheinlich ist es bei dem ein oder anderen sinnvoll, an dieser Stelle mal zu gucken, ob da eine geringe Bewegung stattfindet; wenn ja, ist möglicherweise die Verklebung der beiden Bauteile das Mittel der Wahl, um einem Verschleiß dort etwas Einhalt zu gebieten...hat ja nicht jeder einen Werkzeugmacher samt Maschinenpark bei der Hand! :lol:
Gruß aus dem Niederbergischen,
Gerd
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Re: Spiel in der Beiwagenlenkung

Beitragvon Lordhelmchen » 9. Mai 2022 17:56

Servus Gerd,
bei meinem Jialing war auch schon Ersatz in der Beiwagenlenkung nötig aber nicht wie bei Dir in der Excenterscheibe sondern die Kugelköpfe der Spurstangen waren ausgeschlagen.
Ersatz kam schnell aus dem Quadbereich wobei nur 1x Rechtsgewinde und 1x Linksgewinde gebraucht wird und die Gewindelänge zu beachten ist.
Zum Austausch musste ich nur einen gekröpften 16'er Ringschlüssel .... äh anpassen damit der zwischen Rahmen und der Scheibe durch passt.
Auch die Lager die das Schwenken der Schwinge hab ich schon gewechselt da diese trotz Dichtung angerostet waren.
Sind Analog zu den Lenkkopflagern.
Da hab ich - wie bei dem Schwingenfederbein - Schmiernippel eingebaut und großzügig gefettet.
Viel Spass noch
Peter
Gruß aus Franken.
....der Gewaltschrauber......
https://www.spritmonitor.de/de/detailansicht/782582.html
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Re: Spiel in der Beiwagenlenkung

Beitragvon 4Bikes10Räder » 9. Mai 2022 21:47

Hallo Gerd,
ich gebe zu, ich tu mich etwas schwer technische Erklärungen nur anhand von Beschreibungen nachzuvollziehen;
Drum habe ich mal aus dem Ersatzteilkatalog folgenden Ausschnitt aus F-41 kopiert:
Bild

Habe ich das richtig verstanden, dass die ausgeschlagene Passfeder von der Du sprichst das Teil Nr. 7 ist?
Welches möglichst spielfrei dafür sorgen soll, dass Teil Nr. 6 und Nr. 8 miteinander verbunden sind?`

Denn ich befürchte fast, dass es bei mir genau da auch etwas mehr Toleranz hat, als es haben sollte.
Die beiden 6001er Lager habe ich mal gewechselt, aber danach war es immer noch "luftiger" als es mir eigentlich lieb ist.

Ciao,
Klaus
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Re: Spiel in der Beiwagenlenkung

Beitragvon g-spann » 9. Mai 2022 22:42

Hallo Klaus,

ja, mit Passfeder ist das Teil Nr. 7 gemeint, und ja, diese war aus-, besser gesagt, eingeschlagen und hatte darüber hinaus die Nuten in den Bauteilen 6 und 8 in Mitleidenschaft gezogen, sodass sich ein Gesamtspiel von 25/100 mm in der Nutverbindung ergeben hat.

Mittlerweile vermute ich die zu große Toleranz in der Bohrung von Bauteil 8 als fehlerursächlich, weil durch das große Spiel zwischen Bohrung und Welle geht die gesamte Last auf die Passfeder, die das dann nur eine begrenzte Zeit mitmacht.

Eine pragmatische Lösung wäre das Verschweißen beider Bauteile, damit wäre es einerseits wirklich verdrehsicher, andererseits könnte man die Lager aber immer noch problemlos austauschen.
Trennen müsste man beide Bauteile nur dann, wenn man die Steuerscheibe austauschen müsste, die wahrscheinlich als erstes von beiden Bauteilen kaputt geht...und dann macht das Auftrennen zweier Schweißnähte den Braten auch nicht mehr fett...
Gruß aus dem Niederbergischen,
Gerd
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Re: Spiel in der Beiwagenlenkung

Beitragvon Aynchel » 10. Mai 2022 06:22

seit der Erfindung der rotierenden Feuerfeile gilt die Schweißnaht als lösbare Verbindung :D
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Re: Spiel in der Beiwagenlenkung

Beitragvon Crazy Cow » 30. Mai 2022 20:24

g-spann hat geschrieben:Mittlerweile vermute ich die zu große Toleranz in der Bohrung von Bauteil 8 als fehlerursächlich, weil durch das große Spiel zwischen Bohrung und Welle geht die gesamte Last auf die Passfeder, die das dann nur eine begrenzte Zeit mitmacht.


Gargel.

ohne Presspassung oder Konus geht sowas doch gar nicht. Aber die Leute nehmen ja für sich in Anspruch, die gleichen Fehler machen zu dürfen, wie die Industrienationen in den 150 Jahren zuvor. Wenn du den Sitz nicht ausbüchsen willst, kannst du von der Unterseite der Scheibe 8 eine Bohrung in die Fuge setzen. Mittenmang, am besten zwei gegenüberliegend. Dann zwei Spannstifte (Hohlsplinte) einschlagen, das wirkt Wunder. Für besonders feste Verbindungen setzt man einen kleineren in den äußeren. Sie sind so bemessen, dass das geht.

edit: ich hatte unbedacht " Nut" geschrieben, es muss Fuge heißen, damit es keine Missverständnisse gibt. Dazu ein Gemälde.
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Gute Fahrt, Gruß
Olaf
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