Seit einiger Zeit stellte ich eine zunehmende Entkopplung von Beiwagen- und Vorderrad fest. Besonders auffällig war es in schnell gefahrenen Rechtskurven beim Wiederaufsetzen des Beiwagenrades, was jedesmal einen leichten Ruck im Lenker verursachte. Bei aufgebocktem Beiwagenrad war am Rad ein Spiel von ca. 40 mm im Lenkmechanismus festzustellen. Hmmm...
Die Bowdenzüge waren richtig eingestellt, die Kugelköpfe der Koppelstange fest und spielfrei.
Als Übeltäter stellte sich der Betätigungsarm der Koppelstange auf der Steuerscheibe heraus, der sich doch sehr deutlich auf dieser bewegen konnte.
Mit Hilfe der Ersatzteilliste (danke, Klaus!) fand ich heraus, dass beide Teile mittels Passfeder und von daher eigentlich verdrehsicher verbunden sein sollten.
Durch die Demontage der Steuerscheibe am Lenkkopf (super Tipp, Andi!) ging die Demontage des Beiwagenrad-Lenkungs-Gedöns auch relativ flott vonstatten, wenn man mal von der Notwendigkeit einer kräftigen zweiten Person mit langer Hebelstange zum Lösen der selbstsichernden Mutter des Kugelkopfes absieht (...ich hab mich immer gefragt, warum man an dieser Stelle eine selbstsichernde Mutter UND einen Sicherungssplint verwendet ).
Normalerweise ist bei solchen Gelegenheiten ein Druckluftschlagschrauber ein guter Freund, an dieser Stelle jedoch kann man nur mit einem 16er Maulschlüssel, und dann auch nur in 1/6 Umdrehungsschritten arbeiten...und natürlich Feingewinde, super!
Die Verbindung von Steuerscheibe und Betätigungsarm ist mit einem Sprengring gesichert, nach dessen Entfernung die beiden Teile schon durch leichtes Schütteln auseinander fielen, was eigentlich so schon nicht sein sollte.
Genau ausgemessen ergab sich folgendes Schadensbild:
Die Passfeder war eingeschlagen, beide Nuten ausgeschlagen, sodass sich ein Spiel zwischen zwei und zweieinhalb Zehntel Millimetern ergab. Hört sich nicht nach viel an, verursacht am Beiwagenrad allerdings das oben beschriebene Spiel von 40 mm...
Auch hatten die beiden Bauteile zueinander ein Spiel in der Bohrung von etwa zweieinhalb Zehntel, normalerweise sollte das saugend passen, das entspräche einem Spiel von etwa zwei Hunderstel.
Gut, wenn man einen Werkzeugmacher zum Freund hat: Dieser grinste nur über das "minderwertige Material" (das macht er meistens), arbeitete dann die Nuten nach, prüfte die neue Nutenbreite mit seinem Endmaßkasten und stellte auf seiner Erodiermaschine "mal eben" eine neue, stramm passende Passfeder aus hochwertigem Werkzeugstahl (er hat mir eine Nummernbezeichnung gesagt, behalten habe ich aber nur die Härte von 58 Rockwell) her.
Die Passfeder machte er auch etwas höher, um das Spiel in der Bohrung zu minimieren.
Zusätzlich wurden beide Bauteile dann noch mit Loctite 270 verklebt.
Die Montage der nun fest verbundenen Einheit ans Gespann nahm dann die meiste Zeit in Anspruch; hauptsächlich wegen der beiden Passscheiben, die auf die Innenringe der Lager drücken sollen, sich aber beharrlich weigern, solange gleichzeitig an ihrem zugedachten Platz zu bleiben, bis man die zentrale Befestigungsschraube durchgeschoben hat.
Hier ist ein zweiter Mann hilfreich, der das im Zorn durch die Werkstatt geworfene Werkzeug auffängt, bzw. wieder einsammelt...
Aber, am Ende wird alles gut: Irgendwann, spätabends, konnte ich die Kunststoffabdeckung wieder anschrauben und hatte eine fast spielfreie (am Rad etwa 5 mm, verursacht durch das erforderliche Zugspiel) Beiwagenlenkung!
Wahrscheinlich ist es bei dem ein oder anderen sinnvoll, an dieser Stelle mal zu gucken, ob da eine geringe Bewegung stattfindet; wenn ja, ist möglicherweise die Verklebung der beiden Bauteile das Mittel der Wahl, um einem Verschleiß dort etwas Einhalt zu gebieten...hat ja nicht jeder einen Werkzeugmacher samt Maschinenpark bei der Hand!