ABS Triebwerk

Alle Technikfragen, die in kein Unterforum passen

ABS Triebwerk

Beitragvon Crazy Cow » 21. Juni 2015 16:11

abs1.jpg
Moin,

ich hab wieder was gefunden. Hab ich gleich erst mal ausgebaut, an der Solo jetzt, 100.000km Inspektion und so. Interessant ist übrigens die Baugröße: der Motor ist so groß wie ein Motorradanlasser. Man kann da reingucken, man kann es auch bleiben lassen, weiß ich. Geht´s denn noch? Nein, nicht wirklich, vorne ja, hinten nur elektrisch, Hinterrad blockiert. Hat da jemand einen toten Tipp für mich?
Außer: "Wie kann man nur, das ist doch unverantwortlich und gefährlich. Wenn das einer nachmacht!"

Also liebe Dreiradkinder: nicht nachmachen.

Bekannt sind mir die Empfehlungen:
1. Total zerlegen, neue Dichtungen, akribisch zusammen bauen und
2. Einfach mit Pressluft durchblasen.

Letzteres kann ich mir nicht vorstellen, weil im Normalfall die Ventile geschlossen sind. Man erreicht also die Bereiche nicht, die kaum benutzt werden, die versiffen und vergammeln. Ich neige dazu, die Ventile elektrisch zu öffnen und den Bereich für das Vorderrad mit frischer Bremsflüssigkeit zu spülen. Kolben und Ventil für den hinteren Bereich würde ich ausbauen, reinigen und wieder einsetzen, dann kann man auch nicht versehentlich was vertauschen. Sonst Meinungen?
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
wir bedauern, Ihnen keinen besseren Bescheid geben zu können.
Bild
https://deltasign.de/moto/
Benutzeravatar
Crazy Cow
verstorben
 
Beiträge: 15241
Registriert: 12. Mai 2006 17:05
Wohnort: Paläozoikum

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon Crazy Cow » 24. Juni 2015 10:40

Ist ne größere Aktion. Mal eben schnell geht gar nichts. Von den Ausgleichskolben war einer in seinem Zylinder festgegammelt. Sumitumo Krankheit. Der Zylinder für den hinteren Kreislauf ist weniger tief gebohrt, angeblich gibt es dort Korrosion von dem Wasser, das über die Jahre von der Bremsflüssigkeit gezogen wird. Aber warum ausgerechnet in dem Pott? Der vordere sieht aus wie neu.

:?
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
wir bedauern, Ihnen keinen besseren Bescheid geben zu können.
Bild
https://deltasign.de/moto/
Benutzeravatar
Crazy Cow
verstorben
 
Beiträge: 15241
Registriert: 12. Mai 2006 17:05
Wohnort: Paläozoikum

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon Crazy Cow » 27. Juni 2015 21:26

Nächsma tu ich wieder Bilder.

Ist gut geworden, aber nur weil ich nicht auf die Uhr geschaut und nicht gehudelt hab. War ja stuckfinsta heut' 15.00h und grausig g'schütt hat's.

Nicht nur der Ausgleichskolben für das Hinterrad war fest (Alu/Stahl) sondern ebenso das Ventil. Ist so ein Koax Doppelkolbending, aussen Kunststoffmanschette an Alu innen Stahl auf Stahl. Das war fest. Natürlich sieht man nichts, wenn man es los geklopft hat, Kolben und Führung sind gehärtet und schön blank. Was wird das sein, Mikrokorrosion? Mit Stahlwolle 000 drübergewischt geht wieder alles.

Wird nicht viele Leser geben, die eine Yamaha mit ABS haben, aber dennoch.
Ich hatte erwogen, vorsichthalber eine Hydraulik zum Ausschlachten dazu zu kaufen. Nicht für eine Yamaha jetzt, viel zu teuer, nein, die Hydraulik des Mazda Xedos 6 und 7 Bj. 92 - 94 ist offensichtlich identisch. Nur der Block ist aus einem anderen Strangprofil weil größer und es sind natürlich vier statt zwei Ventile drin. Genug Futter also, gebraucht zw. 20 und 50 Taler zu haben und der passende E-Motor ist dann auch gleich dabei. Was wirklich grenzwertig und ersatzwürdig ist, ist der Ausgleichskolben. Allerdings liegt er nicht am (korrodierten) Hemd an, sondern nur an einem 2mm hohen Kragen. Druckdichtung und Führung übernehmen zwei Kolbenringe aus Polyamid. Wichtiger ist, dass der Zylinder sauber ist.
Er arbeitet, wenn das ABS einschaltet aber nur ein Ventil öffnet, dann muss der Druck der zweiten Kolbenpumpe irgendwo hin. Warum die Geschichte für das Hinterrad gern fest geht, weiß ich nicht, ich kann es nur vermuten. Wenn man schon lange Motorrad fährt, ist man geneigt mit dem Vorderrad zu bremsen, auch unwichtige Bremser, nicht zuletzt um das Hinterradprofil zu schonen. Ist bei einem ABS Mopped aber Blödsinn. Ein Reifen ist wiederbeschaffbar, die Bremsenteile sind für das Hinterrad deutlich preisgünstiger als für das Vorderrad, die Bremswirkung bei einem schweren Mopped ist hinten gut und vor allem kann man mit ABS ungestraft hinten bremsen, deshalb ist es ja drin. Also: ich denke, wenn die Teile ab und zu benutzt werden, gammeln sie auch nicht fest. Beim Auto werden ja auch immer standardmäßig beide Bremskreise benutzt. Aber die Vorbehalte gegen ABS haben wieder einen Grund mehr, hier vlt. zurecht.

Wie gesagt, Bilder folgen.
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
wir bedauern, Ihnen keinen besseren Bescheid geben zu können.
Bild
https://deltasign.de/moto/
Benutzeravatar
Crazy Cow
verstorben
 
Beiträge: 15241
Registriert: 12. Mai 2006 17:05
Wohnort: Paläozoikum

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon Crazy Cow » 30. Juni 2015 00:22

Oiso, die builda.
Es geht mir übrigens nicht um eine Reparaturanleitung, es gibt zwei gute im Netz zu diesem Teil mit List der O-Ringe und so weiter. Aber auch die Jungs übersehen Dinge und beschreiben nicht oder ungern die Tücken und den Schmodder, die bei der Reparatur eines alten Bremssystemen die Optik versauen. Die Fachwerkstatt würde sowas austauschen gegen eine Spende von ca. 1.300,- Talern plus Berechnung der Montagekosten, sofern das Teil noch lieferbar ist.

Hier im Bild sieht man, was andere nicht sahen: das Werkzeug zum Ausheben der Ausgleichskolben befindet sich im Set. Das Distanzröhrchen neben den E-Magneten passt saugend/klemmend in die Kolbentaschen.

Bild

Zur Technik: Der Motor hat einen Exzenternocken.

Bild

Dieser treibt zwei Kolbenpumpen an, nicht für jedes Rad eine sondern für jeden Bremskreis eine, ähnlich wie der HBZ eines PKW.

Bild

Zwei Elektromagneten, für jedes Rad eines

Bild

öffnen die Ventile und leiten die Flüssigkeit von "Bypass" auf Pumpenbetrieb um. Da nicht unbedingt beide Räder gepulst werden müssen, gibt es für jedes Rad einen Ausgleichskolben.

Bild

Ein Versuch die Bauart zu bestimmen: der Kolben ist entweder aus Edelstahlguss oder verchromtem Stahl, ich weiß es nicht. Die Oberfläche ist rauh, d.h. unbearbeitet und zwar sowohl am Kolbenhemd, wie auch an den Stegen, (am Kragen). Selbst die Stege haben ein geringes Untermaß gegenüber den Zylindern. Das Hemd bewusst, in seiner Höhe befindet sich eine Bohrung im Hydraulikblock, es wird also von Flüssigkeit umströmt, oder besser von einem dünnen Film Bremsflüssigkeit dauerhaft und ungespült umhüllt. Da genau ist eines fest gegammelt. Rechts im Bild.

Bild

Ich habe mich entschieden, den Kolben weiter zu verwenden, da das Hemd wie gesagt keine mechanische Funktion hat und die Stege in Ordnung waren. Links sieht man ein Ventil. Der Kolben (Stift) muss freigängig sein, er läuft passend Stahl in Stahl. Kein Metall des Ventilzylinders hingegen berührt wiederum das Metall des Blockes. Alle Teile sind praktisch durch leichte Pendelbewegungen zu lockern und mit geeignetem Werkzeug leicht zu ziehen, die Kolbenstifte mithilfe eines Durchschlages freigängig zu klopfen.

Bild

Abschließend: Reparatur in Form einer Revision ist möglich, man kann nichts kaputt machen. Benötigt man Teile ist ein Ankauf einer gebrauchten PKW Hydraulik des gleichen Herstellers und des gleichen Baujahres wahrscheinlich der einfachste Weg.
Die Elektrik ist wirklich einfach: ein E-Motor, zweipolig, drehsinn einerlei.
zwei Solenoide, je zweipolig, Polarität einerlei.

Man kann also sehr leicht beim Wechsel der Bremsflüssigkeit die Stecker abziehen und kurz die Ventile öffnen während man frisches Blut durchpumpt. Hinterher kurz den Motor laufen lassen, das erleichtert die Entlüfterei wahrscheinlich. Das Tückische: Das ABS hatte bis dahin jederzeit den elektrischen Selbsttest bestanden.
Die hydraulische Prüfung geht letztendlich nur im Versuch, wobei Handhebel und Pedal auch beim elektrischen Test eigentlich leicht pulsen sollten.
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
wir bedauern, Ihnen keinen besseren Bescheid geben zu können.
Bild
https://deltasign.de/moto/
Benutzeravatar
Crazy Cow
verstorben
 
Beiträge: 15241
Registriert: 12. Mai 2006 17:05
Wohnort: Paläozoikum

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon Crazy Cow » 1. Juli 2015 19:09

Hjorr, dorr gäht, dorr gäht! Rattattattat.

Es ist doch immer wieder sehr erhabend, wenn dann alles läuft. Ich will nicht sagen, ich hätte schlimmeres erwartet, aber es ist ja nicht gottgegeben, dass bei so alten Teilen sich eine verlustfreie Funktion wieder einstellt. Auch die Entlüfterei war deutlich einfacher als bei einem Gespann. Keine Spritze, kein Saugheinz aber auch nicht nach alter Pedanten Sitte das Vorderrad ausbauen, Bremssattel demontieren und halbschep auf ein Brennholz hängen, nix da. Mein Entlüftungsschlauch war ein Lappen und denn mal zuallererst die Anschlussschrauben entlüftet. Die vier auf der Hydraulik und dann vorn die am Sattel. Die sitzt an der höchsten Stelle.
Ist ein Büschen Sauerei, aber dafür hat man ja den Labben. Hinten war's in 5 min. fertig, vorn habe ich etwa ein halbes Gefäß durchpumpen (und aufnehmen) müssen. Sind über zwei Meter Leitung hin und zurück.

Abschließend Diagnose Selbsttest. Man braucht dazu ein Prüfkabel, das an zwei Kontakte gelegt werden muss und dann durchläuft das Ding so einen Prüfmodus bei Zündung an mit Rattattattat und Fuß hoch drücken. Hab ich denn gleich drei, vier mal gemacht. :)
War aber auch gut, weil das noch mal die Luft in der Hydraulik durch frisches Blut ersetzt. Nachkippen, nochmal Pentile öffnen, feddich.

Letzt war das Traggelenk am Vorderrad dran morgen die Einspritzung, alles Sachen, die normal an nem Mopped nicht dran sein müssen, aber hat was.
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
wir bedauern, Ihnen keinen besseren Bescheid geben zu können.
Bild
https://deltasign.de/moto/
Benutzeravatar
Crazy Cow
verstorben
 
Beiträge: 15241
Registriert: 12. Mai 2006 17:05
Wohnort: Paläozoikum

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon bf109v7 » 3. Juli 2015 02:52

Crazy Cow hat geschrieben: aber hat was.

Und eben besonders dann, wenn man es selbst repariert hat und weiß, wie es was tut.
Kradtuliere zu erfolgreichen Wiederbelebung.
Alex
bf109v7
verstorben
 
Beiträge: 368
Registriert: 8. April 2015 16:29
Wohnort: Philippinen

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon Michael1234 » 3. Juli 2015 16:35

bf109v7 hat geschrieben:
Crazy Cow hat geschrieben: aber hat was.

Und eben besonders dann, wenn man es selbst repariert hat und weiß, wie es was tut.
Kradtuliere zu erfolgreichen Wiederbelebung.
Alex


Genau das isses!
Dem stimme ich voll zu :-)
Suzuki-VX 800 mit EZS-Rally Yamaha XJ900S mit EML GT 2001
BMW R 850 R Heeler
Benutzeravatar
Michael1234
 
Beiträge: 1429
Registriert: 2. September 2014 21:18
Wohnort: Schwäbische Alb, Großer Heuberg

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon Crazy Cow » 3. Juli 2015 17:23

Dank. Vor allem, wenn ab einem gewissen Alter, der Bauteile jetzt, die persönliche Hemmschwelle sinkt. Nach dem Motto: "schlechter werden kann es eigentlich nicht", denn man konnte ja bisher auch damit sicher fahren, obwohl es nicht 100% in Ordnung war. Natürlich liegt auch eine gewisse Gefahr darin. Im Falle des ABS jetzt weniger technisch, als mehr finanziell wenn man letztlich doch ein teures Ersatzteil kaufen muss. Wie beim Reparaturtotalverlust einer Taschenuhr jetzt.

Ich muss dabei auch an die Jungs vom Aeroclub denken, die schon mal am hängenden Vierzylinder des Doppeldeckers herumschraubten, andere aber die Lycoming Boxer ausschließlich pünktlich zur Überholung schickten. Da traute man sich nicht so, hemmschwellenmäßig.

Aber Zweifler seien noch mal versichert: wenn bei einem Fahrzeug das ABS versagt, elektrisch oder hydraulisch und die Standard-Bremsfunktion würde beeinträchtigt, bekäme das Fahrzeug keine Straßenzulassung, man muss die Fahrt nicht abbrechen, wenn mal ein Lämpchen blinkt. Einspritzung ist noch unproblematischer. Technisch, von der Wartung und von der Einstellung ist es ein Kinderspiel gegenüber einer guten Vergaseranlage. Man muss halt die Düsen tauschen, wenn sie hin sind, sind sie aber meistens nicht.

Interessant wäre eigentlich auch ein Foto vom alten Traggelenk. Ich habe den Eindruck, dass die Dinger nicht durch Alterung verschleißen, sondern durch Unkenntnis bzw. mangelnde Einweisung. Werden bei einer Vorderrad- bzw. Achsschenkeldemontage Trag- und Führungslenker voneinander getrennt, kann es passieren, dass einer der beiden nicht auf seinen Anschlag fällt, weil eben nur der andere einen hat. In dem Moment trifft (knallt) eine Last auf die äußere Lagerschale des Gelenkes, die innen und außen Druckstellen davon trägt. In deren Bereich ist dann ein Spiel nachweisbar. Der mögliche Bewegungswinkel ändert sich räumlich. Meines hatte an beiden Lenkanschlägen Druckstellen in der Lagerschale, kann auch beim Ausfedern bzw. Aufbocken passiert sein. Toleranzen konstruktiv zu eng gewählt. Anschläge nachbessern.
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
wir bedauern, Ihnen keinen besseren Bescheid geben zu können.
Bild
https://deltasign.de/moto/
Benutzeravatar
Crazy Cow
verstorben
 
Beiträge: 15241
Registriert: 12. Mai 2006 17:05
Wohnort: Paläozoikum

Re: ABS Triebwerk

Beitragvon BongoBiker » 4. Juli 2015 08:12

Nichts ist unmööööglich.... :lol:

Habe ich mit Interesse gelesen und verfolgt.
Auch respektierlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Revisionsreparatur. :smt023
Gruß, Richard mit EZS/ Carell "Kult" Bandit.

Der Weg zum Frieden: http://www.zeno.org/nid/20009280553
Benutzeravatar
BongoBiker
vormals RJ76
 
Beiträge: 1322
Registriert: 28. Juni 2013 09:12
Wohnort: Köln


Zurück zu Technik allgemein

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste